Für Innenminister Ralf Jäger steht jedoch fest, dass auch weiterhin die Polizei NRW für die Sicherheit beim Fußball sorgt.
„Darauf können sich alle fußballbegeisterten Menschen in unserem Land verlassen“, betonte Jäger am Montag in Düsseldorf. „Um die Polizei aber dort weiterhin präsent zu halten, wo sie gebraucht wird, müssen wir den Kräfteeinsatz optimieren.“
Pilotprojekt startet in NRW
Hierzu startet die Polizei NRW ein Pilotprojekt für die Dauer von vier Spieltagen.
„Ich sage es ganz deutlich: Einsätze bei Risikospielen bleiben unangetastet. Gleiches gilt für das konsequente Vorgehen gegen Gewalttäter“, erklärte der Minister. „Es geht uns allein um die Spiele, die in den letzten drei Jahren ohne Krawalle geblieben sind. Hier wollen wir den Kräfteeinsatz der Bereitschaftspolizei lageangepasst runterfahren.“
Dabei setzt die NRW-Polizei besonders auf die Eigenverantwortung der Fans:
„Gespräche mit Fans haben mir gezeigt, dass sie bereit sind, mehr Verantwortung zu übernehmen. Das können sie jetzt unter Beweis stellen“, betonte Jäger. Bei der Einsatzplanung bindet die Polizei ihre Netzwerkpartner intensiv ein. „Es ist unser Ziel, gemeinsam für ein friedliches Fußballerlebnis zu sorgen. Nach Ablauf des Pilotprojekts werden wir sehen, ob uns dies gelungen ist“, so der Minister. In NRW stehen in der kommenden Saison 231 Spiele der ersten drei Ligen auf dem Programm – im vergangen Jahr waren es 210. Die Notwendigkeit, Kräfte zu optimieren, ergibt sich dabei vor allem vor dem Hintergrund des Aufstiegs zweier Westvereine in die erste Bundesliga.
„Bereits jetzt verwendet die Bereitschaftspolizei ein Drittel ihrer Einsatzzeit nur für die Sicherheit bei Fußballspielen. Machten wir weiter wie bisher, würde sich das nochmal deutlich erhöhen. Das kann ich dem Steuerzahler nicht mehr vermitteln“, erklärte der Innenminister.
Der NRW-Innenminister setzt auch weiterhin auf den Schulterschluss mit den Vereinen und Verbänden. „Wir sind uns einig, dass es unser gemeinsames Anliegen ist, Krawallmacher und Gewalttäter vom Fußball fernzuhalten“, hob Jäger hervor. „Nirgendwo in Europa gibt es eine so tolle Stimmung in den Stadien wie bei uns – das soll auch künftig so bleiben!“
Bremens Innensenator „Völlig falscher Weg“
Kritik gegen die Pläne aus Nordrhein-Westfalen kam prompt aus Bremen, wo Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) den Vorschlag für den „völlig falschen Weg“ hält, um Kosten zu sparen. „Weniger Polizei einzusetzen sei nicht die Lösung“, sagte Mäurer. Erst Ende Juli legte der Senat einen Bericht zur neuen Gebührenregelung zur Kostenbeteiligung an Polizeieinsätzen bei gewinnorientierten Großveranstaltungen vor. Damit soll es in Zukunft möglich sein, u.a. der Deutschen Fußball-Liga (DFL) die Rechnung für Polizeieinsätze bei sogenannten Risikospielen zu schicken. Bei Fußballspielen in der Bundesliga sind für die Saison 2013/2014 allein in Bremen Personalkosten für polizeiliche Einsätze von 1,4 Millionen Euro angefallen. Hinzukommen die Übernachtungskosten für auswärtige Polizeieinheiten sowie für Fahrzeuge etc.
GdP Chef Malchow fordert abgestimmtes Vorgehen aller Innenminister
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) fordert nach dem bekannt gewordenen Pilotprojekt Nordrhein-Westfalens zu weniger Polizeieinsatzkräften bei Fußballspielen jetzt ein bundesweit abgestimmtes Konzept aller Innenminister und Senatoren der Länder.
„Nur ein gemeinsames Vorgehen stelle ein starke Verhandlungsposition dar, um den eingeschlagenen Weg des gemeinsames Dialogs mit DFB, DFL, Vereinen und auch Fangruppierungen erfolgreich fortzusetzen, Gewaltexzesse rund um die Fußballspiele zu reduzieren und zugleich die Polizei zu entlasten“, sagte der GdP-Bundesvorsitzende Oliver Malchow am Dienstag in Berlin.
„Ich bin auch nicht überzeugt, dass mit dem jetzigen NRW-Vorstoß wirklich Kosten gespart werden. Die Zahl sogenannter Risikospiele, wo viele Polizeikräfte, ob aus den Ländern oder von der Bundespolizei wegen möglicher Ausschreitungen, auch wegen verfeindeter Fangruppierungen, im Einsatz sein müssen, nimmt zu. Gerade diese Einsätze sind aber personalintensiv“, stellte auch Malchow fest.
IMK: Vorschläge aus Bremen
Bereits auf der Innenministerkonferenz im Juni machte Bremens Innensenator Ulrich Mäurer Vorschläge, um künftig Gewalttourismus im Fußball wirkungsvoller zu unterbinden.
„Wir brauchen einen Strategiewechsel und nicht noch mehr Polizisten und noch mehr Ordner, die im Einsatz sind. Was sich an manchen Wochenenden vor den Stadien, auf den Anreisewegen zu den Austragungsorten sowie auf den Bahnhöfen abspiele, sei der „helle Wahnsinn“, so Mäurer in Bonn.
Bremens Innensenator forderte, zu prüfen, ob künftig bei Risikospielen die Kartenkontingente für Gästefans von zehn auf fünf Prozent gesenkt werden können.
„Polizeiliches Vorgehen würde stark erleichtert, wenn statt 4.000 Fans bei Hochrisikospielen nur noch 2.000 Fans begleitet werden müssten“, ist Mäurer überzeugt.“ Weiterhin soll auf Vorschlag Mäurers geprüft werden, ob betrunkene, gewaltbereite Fans ein Beförderungsverbot erhalten und künftig Sonderzüge ohne Stopp zu den Austragungsorten fahren können.
Politische Vorgaben wegen Haushaltsproblemen dürften nicht polizeitaktische Überlegungen beeinflussen, betonte auch der GdP-Bundesvorsitzende. Er unterstützte damit die Aussagen des nordrhein-westfälischen GdP-Landesvorsitzenden Arnold Plickert, der davon gesprochen hatte, dass es nicht ausreiche, Ausschreitungen im Fußball mit weniger Polizisten zu bekämpfen.
„Viele Spiele blieben davor und danach friedlich, weil genügend Polizistinnen und Polizisten – auch zur Abschreckung möglicher Gewalttäter – im Einsatz waren. Das NRW-Projekt ist ein Spiel mit dem Feuer, denn es geht letztlich, wie allen bekannt, um reisende Gewalttäter.“ Malchow stellte zugleich klar, es sei schon immer Alltag hierzulande, dass vor Fußballspielen die erfahrenen Polizeiführer nach Gesprächen mit allen Beteiligten detailliert die Lage einschätzen und danach die notwendigen Kräfte planen.
Absagen auch aus Berlin
Auch aus Berlin kam vom Senator für Inneres und Sport Frank Henkel (CDU) eine klare Absage gegen die Pläne aus Nordrhein-Westfalen und Bremen:
„Ich halte die Debatte, die einige SPD-Minister derzeit aufmachen, für brisant. Ich kann den Kollegen aus NRW durchaus verstehen, dass er seine Beamten anders einsetzen möchte. Aber ein Rückzug wäre falsch. Es muss sichergestellt werden, dass der Staat seine Kernaufgaben wahrnimmt.“
In Berlin gibt es keine entsprechenden Pläne, wie Henkel verlauten ließ: „Die Polizei prüft stets einen angemessenen Kräfteeinsatz bei Fußballspielen. Dazu braucht es kein Modellprojekt“.
Schon heute gilt, dass die Veranstalter grundsätzlich selbst für die Sicherheit in den Stadien verantwortlich sind. Aber es gibt Aufgaben im Umfeld der Stadien und auf den Wegen dorthin, die nur die Polizei wahrnehmen kann.
„Ich kann es mir einfach machen und sagen: Die Vereine geben so viele Millionen für Spieler aus, dann sollen sie doch auch die Polizei bezahlen. Aber die Leute, die so etwas anführen, vergessen gerne, dass die Bundesligavereine auch Steuern zahlen. Und es ändert auch nichts daran, dass es keinen Ausstieg aus staatlichen Kernaufgaben geben darf.
Das ist eine ganz grundsätzliche Frage. Heute ist es der Fußball, was kommt als nächstes? Morgen schützen wir dann keine Demonstrationen mehr, und übermorgen sollen sich die Menschen selbst um Einbrecher kümmern? Berlin wird sich jedenfalls nicht aus seiner Verantwortung zurückziehen. Auch den Bremer Weg halte ich für falsch“, erklärte Berlins Innensenator.
Ob und wie sich die Innenminister in dem Thema einig werden, bleibt abzuwarten.
Getreu dem Motto: „Wenn man nicht weiter weiß, gründe einen Arbeitskreis“.
So bereits auf der IMK im Juni in Bonn beschlossen.
„Die IMK beauftragt den AK II, unter Berücksichtigung rechtlicher und einsatztaktischer Gesichtspunkte, Handlungsempfehlungen einer intensivierten bundesweiten Zusammenarbeit bei Prüfung und Erlass präventiv polizeilicher Maßnahmen, insbesondere von Meldeauflagen und Bereichsbetretungsverboten, zu erarbeiten und diese zur nächsten Frühjahrssitzung vorzulegen.“
Mit dem Themenkomplex befasst sich aktuell bereits die Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Intensivtäter Gewalt und Sport“. Aus Sicht von Bayern besteht derzeit keine Notwendigkeit, eine zweite Arbeitsgruppe zu dem gleichen Themenkomplex einzurichten. Es sollte zunächst die Fertigstellung der Konzeption „Intensivtäter Gewalt und Sport“ abgewartet werden. Anschließend könnte bei Vorliegen eines weiteren bzw. ergänzenden Handlungsbedarfs die Einrichtung einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe erneut geprüft werden.