Bayerns Innenminister Joachim Herrmann hat am Freitag (04.01.2013) in München das neue Bayerische Verkehrssicherheitsprogramm 2020 ‚Bayern mobil – sicher ans Ziel‘ vorgestellt.
„Mit unserem umfangreichen Maßnahmenpaket wollen wir in Bayern bis zum Jahr 2020 die Unfallzahlen weiter reduzieren und insbesondere die Zahl der Verkehrstoten um 30 Prozent senken“, betonte Herrmann. Die insgesamt 32 Maßnahmen für mehr Sicherheit auf Bayerns Straßen setzen zielgruppenspezifisch hauptsächlich an den Hauptunfallursachen an. Die vier zentralen Themenfelder sind ‚Information, Verkehrssteuerung und Fahrzeugausstattung‘, ‚Wahrnehmung und Wahrnehmbarkeit‘, ‚Infrastruktur und Verkehrsraumgestaltung‘ sowie ‚Recht und Verkehrsüberwachung‘. Allein für die ‚gebaute Sicherheit‘ sollen in den nächsten acht Jahren über 440 Millionen Euro investiert werden, erläuterte der Innenminister. „Besonderen Stellenwert hat für uns die Sicherheit auf Landstraßen.“
Auch mithilfe neuer Technologien soll die Verkehrssicherheit erhöht werden, machte Herrmann mit Blick auf das erste Themenfeld ‚Information, Verkehrssteuerung und Fahrzeugausstattung‘ deutlich. Dazu gehören unter anderem schnellere Verkehrswarnungen. Herrmann: „Durch den Einsatz neuer Technik bei der Verkehrsmeldestelle können wir in Zukunft Gefahrenstellen punktgenau im Rundfunk mitteilen und auf Navigationsgeräten anzeigen lassen.“ Darüber hinaus soll die von den Autobahnen bekannte dynamische Beschilderung auch auf bayerischen Landstraßen erprobt werden. Ebenso werden erfolgreiche jährliche Veranstaltungen wie der Landestag für Verkehrssicherheit am 15. Juni 2013 in Schweinfurt und die Kulmbacher Motorradsternfahrt am 28. April 2013 fortgeführt. „Besonders wichtig ist für mich die Schulwegsicherheit“, so der Innenminister weiter. „Im Rahmen der Aktion ‚Sicher zur Schule – sicher nach Hause‘ möchte ich mehr Bürgerinnen und Bürger als Schülerlotsen und Schulweghelfer gewinnen. Auch werden wir ein spezielles Schulbuskonzept erarbeiten.“ Außerdem setzt sich Herrmann für die Wiederbelebung des bekannten Fernsehformats ‚Der 7. Sinn‘ ein.
Unter dem Stichwort ‚Sehen und gesehen werden‘ soll die Verkehrssicherheit beim zweiten Themenfeld durch eine bessere Wahrnehmung und Wahrnehmbarkeit erhöht werden. Unter anderem wird Herrmann im Frühjahr 2013 eine bayernweite Aktion starten, um überflüssige oder unlesbar gewordene Verkehrszeichen zu überprüfen und ‚Licht in den Schilderwald‘ zu bringen. „Wir brauchen weniger und bessere Verkehrszeichen“, fasste der Innenminister zusammen. Mit gezielt verbesserten Markierungen und Beschilderungen geht Herrmann auch das Problem der sogenannten ‚Geisterfahrer‘ an. Beispielsweise sollen an besonders gefährdeten Auffahrten die bereits an drei bayerischen Autobahnen erprobten Geisterfahrerwarntafeln (A3, A8 und A94) aufgestellt werden. Außerdem setzt sich der Innenminister für gut sichtbare Kleidung bei Motorradfahrer, Radfahrer und Fußgänger ein.
Die Verbesserung der Infrastruktur und Verkehrsraumgestaltung ist der dritte Schwerpunktbereich für den Innenminister. Mit über 440 Millionen Euro will Herrmann bis zum Jahr 2020 insbesondere die Verkehrssicherheit auf Bayerns Landstraßen erhöhen, da dort 2011 mit knapp 80 Prozent der getöteten Pkw-Insassen (324) und Motorradfahrern (126) ein Großteil der schweren Verkehrsunfälle passierte. „Wir wollen auf unseren Landstraßen gezielt die Problembereiche mit Unfallhäufungen beseitigen“, erklärte Herrmann. „Dabei denke ich unter anderem an Umbaumaßnahmen von Kreuzungen und Einmündungen sowie an neue Ampeln und Verkehrsinseln.“ Dazu kommen laut Innenminister insbesondere Verbesserungen am Seitenraum der Straßen wie beispielsweise am Bankett. Zudem werden besonders gefährliche Kurven entschärft und bei beliebten Motorradstrecken mit einem speziellen Unterfahrschutz ausgestattet. Des Weiteren forciert Herrmann den Ausbau der Lkw-Stellplätze auf Autobahnen: „Zusätzlich zu den 2.000 neuen Stellplätzen der letzten fünf Jahre bauen wir 2013 und 2014 rund 1.500 weitere Stellplätze auf Bayerns Autobahnen. Hierfür stehen uns in beiden Jahren insgesamt rund 40 Millionen Euro zur Verfügung.“
Zentrale Voraussetzung für mehr Verkehrssicherheit ist, dass sich jeder an die geltenden Verkehrsregeln hält, sagte der Innenminister zum vierten Themenfeld ‚Recht und Verkehrsüberwachung‘. „Wo diese Einsicht fehlt, sind Kontrollen und Sanktionen unverzichtbar.“ Herrmann kündigte daher bereits für das Frühjahr 2013 erste Schwerpunktaktionen der Bayerischen Polizei zur Bekämpfung der Hauptunfallursachen ‚Geschwindigkeit‘, ‚Alkohol und Drogen‘ sowie ‚Abstand‘ an. Dabei wird die Polizei auf modernste Technik zurückgreifen, unter anderem zur Geschwindigkeits- und Abstandsmessung. Daneben wird das Bußgeldverfahren in Bayern durch die Einführung der Online-Anhörung beschleunigt. Mit allem Nachdruck setzt sich Herrmann auch für erleichterte Möglichkeiten zur Anordnung von Tempo 30 an Schulen, Kindergärten und Senioreneinrichtungen ein. „Erste positive Signale vom Bundesverkehrsministerium gibt es bereits“, so der Innenminister. Um Opfern von Verkehrsunfällen auf Autobahnen schneller helfen zu können, will Herrmann die Notwendigkeit einer Rettungsgasse besser bei den Verkehrsteilnehmern verankern. Spezielle Rundfunkmeldungen, eine Aufklärungskampagne sowie eine Erhöhung der Geldbußen für die Behinderung von Rettungskräften sind mögliche Maßnahmen.
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2011 mussten allein in Bayern 780 Tote (plus zwölf Prozent) und rund 53.000 Verletzte (plus vier Prozent) im Straßenverkehr beklagt werden. Dazu Herrmann: „Damit dürfen wir uns nicht abfinden, das sind eindeutig zu viele.“ Mit dem neuen Bayerischen Verkehrssicherheitsprogramm 2020 ‚Bayern mobil – sicher ans Ziel‘ möchte der Innenminister dieser Entwicklung nachhaltig entgegenwirken. Startschuss für die Erarbeitung des umfassenden Maßnahmenpakets war die erste Bayerische Verkehrssicherheitskonferenz in München im Juni 2012. In einem intensiven Verfahren wurde das neue Verkehrssicherheitsprogramm mit einer großen Online-Befragung und in verschiedenen Fachforen unter wissenschaftlicher Begleitung noch weiter konkretisiert und zu einer Gesamtstrategie zusammengeführt.
Herrmann appelliert nun an alle Bürgerinnen und Bürger sowie an die Fachöffentlichkeit und die Kommunen, bis zum 1. Februar 2013 unter www.sichermobil.bayern.de weitere Ergänzungen für das neue Bayerische Verkehrssicherheitsprogramm vorzuschlagen.
Den Dialog mit allen am Straßenverkehr Beteiligten wird Herrmann bei der Zweiten Bayerischen Verkehrssicherheitskonferenz am 15. April 2013 in Ingolstadt fortsetzen.