Schwerin | Innenminister Lorenz Caffier hatte eine externe und unabhängige Experten-Kommission eingesetzt, die nach Bekanntwerden schwerer Verfehlungen einzelner Polizeibeamter die Spezialeinheiten des Landeskriminalamtes (LKA) Mecklenburg-Vorpommern untersucht hat. Die Mitglieder der Kommission, der Heinz Fromm, Friedrich Eichele und Dr. Manfred Murck angehören und die alle drei ausgewiesene Sicherheitsexperten sind, haben heute die wichtigsten Ergebnisse vorgestellt.
„Die Vorfälle und die im Raum stehenden Vorwürfe waren und sind eine Zäsur für die Landespolizei“, sagte der Minister. „Das Vertrauen der Menschen in die Polizei wurde beschädigt und viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Landespolizei sind selbst verunsichert. Ich habe mir zum Ziel gesetzt, die Vorgänge und Vorfälle vollständig aufzuarbeiten und schonungslos zu analysieren. Dabei sind natürlich die Gerichtsverfahren und die Zuständigkeiten der Staatsanwaltschaften zu berücksichtigen. Der Bericht und die Ergebnisse der Kommission zeichnen ein ungeschminktes und zugleich faires Bild der Situation der Spezialkräfte. Ich bin der Kommission außerordentlich dankbar für ihre Arbeit.“
Für Innenminister Lorenz Caffier enthält der Bericht vier entscheidende Kernaussagen:
Erstens: Ein Generalverdacht gegenüber der Polizei bezüglich rechtsextremistischer Umtriebe ist unbegründet.
Zweitens: Eine Gruppe innerhalb des SEK konnte sich aus verschiedenen Gründen merklich abschotten und entwickelte ein gewisses Eigenleben. Hier kam es auch zu den rechtsextremistischen Äußerungen. Hervorzuheben ist aber, dass dieses Gedankengut seinen Ursprung nicht bei Spezialkräften fand, sondern in die Spezialkräfte hineingetragen wurde. Die Kommission kam zu der Erkenntnis, dass der mutmaßliche Wortführer innerhalb der Gruppe, Herr G., bereits vor seinem Eintritt in die Landespolizei rechtsextremistische Auffassungen vertrat.
Drittens: Die Kommission würdigt die Führungsgrundsätze der Landespolizei. Die Delegation von Verantwortung nach unten führt zu einer höheren Motivation und zu einer höheren Leistungsbereitschaft. Zugleich bemängelt die Kommission aber, dass diese Entscheidung gerade bei den Spezialkräften zu einer technokratischen Führungskultur führte; die Führungskräfte verstehen sich eher als Manager von Aufgaben. In der täglichen Arbeit fehlte die Zeit für menschliche Führung, um rechtzeitig zu erfahren, wo beim einzelnen Mitarbeiter die Probleme liegen und auch um gemeinsame Werte zu vermitteln.
Viertens: Die Kommission hält die bisherige Anbindung der Spezialkräfte beim LKA für eher nicht förderlich.
„Als ich die Kommission ins Leben rief, kündigte ich mögliche strukturelle, organisatorische und auch personelle Konsequenzen an. Die Kommission hat bereits mehrere Maßnahmen vorgeschlagen. Darüber hinaus habe ich weitergehende Entscheidungen getroffen, die ich für notwendig erachte, um verloren gegangenes Vertrauen zurückzugewinnen“, sagte der Minister.
Erstens: Die Spezialeinheiten werden im Laufe des kommenden Jahres dem Landesbereitschaftspolizeiamt MV zugeordnet. „Ich verspreche mir hiervon eine bessere Einbindung der Spezialeinheiten, die Beamten sollen so mehr mitgenommen und besser integriert werden“, begründete Minister Caffier die Entscheidung.
Für die Umsetzung dieser Maßnahmen wurde eine Arbeitsgruppe unter der Leitung von Staatssekretär Lenz eingesetzt. Weitere Mitglieder der Arbeitsgruppe werden der Inspekteur und die Behördenleiter der Landespolizei sowie der Leiter der Polizeiabteilung sein. „Ich erwarte von der Arbeitsgruppe zum einen, dass sie verschiedene polizeiliche Vorschriften, wie zum Beispiel die Vorschriften für das Schießen, prüft und gegebenenfalls überarbeitet und gar neu erarbeitet. Auch die Aufgaben der Spezialeinheiten sollen in Form eines Erlasses wieder klar definiert werden. Und zum anderen soll sie einen Zeitplan für die Anbindung der Spezialkräfte an die Bereitschaftspolizei entwickeln.“, so Caffier.
Zweitens: Das Auswahlverfahren bei den Spezialeinheiten wird zukünftig wieder zwingend von einem Psychologen begleitet. Das war zwar jahrelang die Regel. In den letzten Jahren gab es jedoch personelle Engpässe.
Drittens: Der Frauenanteil in der Landespolizei soll weiter erhöht werden. Die Fachhochschule für öffentliche Verwaltung, Polizei und Rechtspflege Mecklenburg-Vorpommern in Güstrow wird beauftragt, hierfür weitere Maßnahmen zu entwickeln. Ein höherer Frauenanteil könnte negativen, gruppendynamischen Prozessen, die in klassischen Männerberufen schnell entstehen, entgegenwirken.
Viertens: Die Leitung der Polizeiabteilung im Innenministerium und die Leitung des LKA werden neu besetzt.
„Es ist mir an dieser Stelle wichtig zu betonen, dass die jüngsten Vorfälle für diese Entscheidung nicht der Grund, sehr wohl aber der Anlass sind. Aber im Sinne des Rotationsprinzips habe ich mich entschieden, Beiden neue Aufgaben zu übertragen. Die lange Zeit, die Frank Niehörster und Ingolf Mager ihre Leitungsfunktionen innehaben, spricht für ihre Loyalität und ihre hervorragende Arbeit. Beide haben mit ihrem langjährigen erfolgreichen Einsatz ganz entscheidend dazu beigetragen, dass wir heute eine moderne, funktionsfähige Landespolizei haben. Es ist mir daher nicht leicht gefallen, diesen Schritt zu gehen. Aber im Sinne eines Neuanfangs in der Landespolizei ist es jetzt genau die richtige Entscheidung.“
Herr Frank Niehörster wird innerhalb des Innenministeriums als neuer Leiter der Allgemeinen Abteilung umgesetzt. Herr Ingolf Mager kommt in das Innenministerium und übernimmt neue Aufgaben. Beide werden auch weiterhin wichtige Ratgeber für die Hausspitze sein.
Der neue Leiter der Polizeiabteilung wird Herr Konrad Herkenrath, bisheriger Leiter der Allgemeinen Abteilung. Er hat darüber hinaus bereits Erfahrungen als Behördenleiter in der Landespolizei. Mit der Wahrnehmung der Dienstgeschäfte des Direktors des LKA wird Herr Rogan Liebmann betraut. Er war Leiter der Kriminalpolizeiinspektion Rostock und ist ein Fachmann im Bereich Kriminalitätsbekämpfung.
„Die von der Kommission kritisierte Führungskultur soll wieder persönlicher und zugewandter werden, das ist unser Ziel“, so Minister Caffier. „Durch den Personalabbau, der im Jahr 2015 zwar gestoppt werden konnte, mussten sich Führungskräfte immer mehr auch um administrative Aufgaben kümmern, so dass die eigentlichen Führungsaufgaben dabei zu kurz kamen.“
Abschließend betonte Minister Caffier: „Es ist wichtig, dass die Landespolizei auch in dieser Situation ihre Handlungsfähigkeit weiter unter Beweis stellt und sich der Blick nun nach vorn richtet. Wir stehen vor großen Herausforderungen, gerade auch im Bereich des Extremismus, die wir entschlossen anpacken. Wir werden alles dafür unternehmen, dass jegliche rechtsextremistische oder andere verfassungsfeindliche Bestrebung frühzeitig aufgedeckt und im Keim erstickt wird. Unsere Führungskräfte wurden sensibilisiert und sie haben verstanden. In der Landespolizei ist kein Platz für Extremisten. Der Bericht der SEK-Kommission ist kein Schlussstrich. Er mahnt uns vielmehr, weiterhin jeden Tag genau hinzusehen, zu hinterfragen und jeden Hinweis auch in Zukunft ernst zu nehmen.“