Wie bereits berichtet kam es am heutigen Mittwoch (04.07.2012) in Karlsruhe-Nordstadt während einer Zwangsräumung zu einer Geiselnahme. Wie Einsatzleiter Roland Lay soeben auf einer Pressekonferenz mitteilte, sei es „eine regelrechte Hinrichtung gewesen“. „Der Täter habe sich bewusst auf den heutigen Tag vorbereitet“, so Lay weiter. Die Polizei fand die drei getöteten Opfer, mit den Armen auf dem Rücken gefesselt und mit Kopf- und Brustschüssen tot auf.
Schulden führten zur Zwangsräumung
Am frühen Morgen um 08:00 Uhr sollte eine Dachgeschoßwohnung zwangsgeräumt werden. Die 55-jährige Eigentümerin der Wohnung hatte bereits im Vorfeld durch die Eigentümergesellschaft die Kündigung, sowie die Räumungsklage erhalten. Da sie seit geraumer Zeit mit Zahlungen gegenüber der Eigentümergesellschaft in Verzug war, wurde die Wohnung zwangsversteigert. Um 08 Uhr klingelten der 47-jährige Gerichtsvollzieher (Familienvater), der Schloßer – ein 33-jähriger Familienvater -, sowie ein Sozialarbeiter der Stadt Karlsruhe an der Wohnungstür der Frau. Der 53-jährige Lebensgefährte der Frau öffnete die Tür der drei-Zimmer-Wohnung und bat die drei Personen in die Wohnung. Nur kurze Zeit später klingelte der 49-jährige neue Wohnungseigentümer an der Tür und wurde ebenfalls in die Wohnung gelassen.
Staatsanwalt spricht von Hinrichtung
Im Wohnzimmer der Wohnung forderte der, bis dato nicht „groß“ polizeilich in Erscheinung getretene 53-Jährige, die Männer auf sich auf das Sofa zu sezten. Als dieses durch den Gerichtsvollzieher verneint wurde, schoss der Täter zweimal dem Mann in den Oberschenkel. Der Schloßer wurde durch den Täter aufgefordert die anderen Personen mit bereitgelgten Kabelbindern zu fesseln. Anschließend wollte der Täter den Schloßer fesseln, der jedoch versuchte zu fliehen. Daraufhin schoss der 53-Jährige vier- bis fünfmal in Brust- und Kopfbereich des 33-jährigen Familienvaters. Die Staatsanwaltschaft sowie Einsatzleiter Lay sprechen von einer „eiskalten Hinrichtung“.
Der Sozialarbeiter suchte immer wieder das Gespräch mit dem Täter und bat die Geiseln und sich frei zulassen. Nach etwa 45 Minuten durfte lediglich der Sozialarbeiter die Wohnung verlassen und alarmierte umgehend die Polizei. Über den Notruf teilte er mit, dass der Täter mit zwei Handgranaten, einer Schrotflinte, einem Maschienengewehr und zwei Faustfeuerwaffen bewaffnet sei. Ausserdem sei bereits eine Person tot.
Etwa 40 SEK-Kräfte wurden angefordert | 22 SEK-Beamte mit Rauchgasvergiftung ins Krankenhaus
Umgehend wurden sämtliche verfügbaren Spezialeinsatzkräfte des Landes Baden-Württemberg zum Einsatzort geschickt, sowie zahlreiche weitere Polizeikräfte. Der Bereich um das Wohnhaus wurde weiträumig abgesperrt und eine Schule vorübergehend geschlossen. Kein Schüler oder Lehrer durfte das Gelände verlassen. Polizeipräsindentin Hildegard Gerecke sprach auf der Pressekonferenz einen besonderen Dank den SEK-Kräften aus, die in eine völlig unübersichtliche Ad-hoc Lage mit extremer Eigengefährdung kamen. Als gegen etwa 11:48 Uhr durch die Polizeibeamten des Spezialeinsatzkommando (SEK) Brandgeruch aus der Wohnung wahrgenommen wurde, entschloss sich die Polizeiführung zum „Notzugriff“. In der völlig verrauchten Wohnung stießen die SEK-Beamten auf die insgesamt fünf Toten. Der Täter hatte bereits die Geiseln und sich selbst getötet und anschließend den Teppichboden im Wohnzimmer in Brand gesteckt. Da die Eigentümerin der Wohnung tot im Schlafzimmer aufgefunden wurde, kann bislang nicht gesagt werden, ob diese durch den Lebensgefährten im Vorfeld der Zwangsräumung erschossen wurde. Fakt ist, dass sie mit einem aufgesetztem Brustschuss zu Tode kam.
Durch die starke Rauchentwicklung in der Wohnung wurden 22 SEK-Beamte leicht verletzt und vorsoglich ambulant in einem Krankenhaus behandelt. Laut Polizeipräsidentin seien alle Beamte aber bereits wieder aus dem Krankenhaus entlassen worden. Sie dankte nochmals den SEK-Beamten für ihren „hochprofessionellen“ und unter „extremer Eigengefährdung“ geleisteten Einsatz.
Täter richtete sich selbst
Der 53-jährige Täter wurde ebenfalls, mit einem durch das Schrottgewehr herbeigefügtem Kopfschuss, tot aufgefunden. Oberbürgermeister Heinz Fenrich sprach ebenfalls von einer „schrecklichen und abscheulichen Tat“. Ein für heute geplantes Fest in Karlsruhe wurde abgesagt. Polizeiseelsorger kümmern sich aktuell um die Hinterbliebenen.