Berlin | Nach rund 37 Jahren beschafft die Berliner Polizei für ihre Beamtinnen und Beamte neue Dienstpistolen, wie Innensenator Andreas Geisel (SPD) ankündigte. Die im Jahr 1978 entwickelte und seitdem produzierte Pistole SIG Sauer P225 ist in der leicht abgeänderten P6 Variante, seit mehr als 30 Jahren im Dienst der Polizei Berlin. Noch heute tragen vereinzelte Polizisten Dienstpistolen aus dem Jahr 1982, obgleich es kaum noch Ersatzteile gibt und die Waffe nur über 8 Schuss statt 15 Schuss verfügt, was bei einer Terrorlage entscheidend sein kann.
„Wir schaffen 12.000 moderne Pistolen und ballistische Schutzwesten an. Wir rüsten auch die Feuerwehr besser aus und modernisieren die Rettungswagen. Diese Anschaffungen waren ursprünglich bis 2022 oder 2025 geplant. Das müssen wir alles nach vorn ziehen und schon 2017 damit beginnen. Das alles haben wir mit dem Präventions- und Sicherheitspaket des Senats beschlossen„, sagte Geisel im Interview mit der Berliner Morgenpost.
Nach Informationen von SEK-Einsatz.de dürfte eine entsprechende Ausschreibung noch in diesem Monat starten, um die ersten 12.000 der mehr als 21.800 veralteten Dienstwaffen auszutauschen. Bis es tatsächlich zur Auslieferung kommt, könnten rund zwei Jahre vergehen. Nachdem die Vorbereitungen zur Ausschreibung und Anwendererprobung der neuen Pistole samt Holster stattgefunden haben, wird voraussichtlich im Jahr 2018 die eigentliche Erprobung stattfinden. Die Umstellung könnte somit erst Mitte/Ende 2019 beginnen, nachdem eine ordentliche Aus- und Fortbildung der Polizisten an der neuen Pistole sowie Rotwaffen stattgefunden hat. Als Investionsvolumen für die erste Beschaffung der neuen Dienstpistolen rechnet der Senat mit rund 9 Millionen Euro.
Neue Pistole H&K SFP9 oder Walther PPQ?
Als mögliches Modell der neuen Dienstpistole für die Berliner Polizei könnte z. B. die Heckler & Koch SFP9 oder die Carl Walther PPQ M3/P3 in Frage kommen. Die moderne SFP9 Schlagbolzenpistole ist ein vollständig vorgespanntes System mit Single Action Abzug im Kaliber 9mm x 19.
Die Pistole von Heckler und Koch verfügt serienmässig über einzigartige Charakteristika und innovative Details. Patentierte Durchladehilfen im hinteren Verschlussbereich ermöglichen einen sicheren, verletzungsfreien Griff beim Durchladen der Waffe. Ausserdem muss für den Anwender die Zerlegesicherheit gegeben sein, welches bei der SFP9 werkzeuglos erfolgt. Um eine höchste Sicherheit zur Vermeidung von Unfällen zu bieten, ist der Handlungsablauf zur Zerlegung erzwungen.
Ohne Entnahme des Magazins ist eine Zerlegung der Waffe unmöglich. Entgegen vergleichbarer Pistolenmodelle entspannt die Waffe automatisch beim Zerlegen. Zudem muss der Abzug vor dem Demontagevorgang nicht betätigt werden.
Die Polizeien der Länder Brandenburg, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen beschaffen oder liefern die Heckler und Koch SFP9 (abgewandelt gemäß technischer Richtlinie) für ihre Polizistinnen und Polizisten bereits aus.
Ebenfalls in die engere Auswahl als neue Dienstpistole für die Polizei Berlin könnte die in die TR abgeänderte Carl Walther PPQ M3/P3 kommen.
Hinweis zum Video: Keine TR Variante
Die Variante H&K SFP9 TR verfügt über ein höheres Abzugsgewicht, einen längeren Abzugsweg und einen längeren Resetweg als die für Spezialeinheiten entwickelte Variante SFP9 SF. Dies ist nötig, um der Technischen Richtlinie Dienstpistolen der Polizei gerecht zu werden. Gleiches gilt für die WALTHER PPQ (Classic), die auch ausschließlich für den Einsatz in Spezialeinheiten konzipiert wurde. Die Waffe wurde in Anlehnung an die Forderungen der Technischen Richtlinie des Polizeitechnischen Instituts (PTI) der Deutschen Hochschule der Polizei (DHPol) entwickelt.
Beschaffung Mitteldistanzwaffen nah und fern
Im Rahmen des vom Berliner Senat verabschiedeten Sicherheitspaketes II sollen ebenfalls 3.300 neue Maschinenpistolen inklusive Zubehör beschafft werden. Dabei könnte die Wahl der Mitteldistanzwaffe nah, auf die Heckler und Koch MP7 fallen, die aktuell bereits u. a. auch beim Spezialeinsatzkommando (SEK) Berlin zum Einsatz kommt.
MP7: die ideale „First Response“-Waffe
Mit nur 1.9kg Leergewicht ist die MP7 bei deutlich kompakteren Außenabmessungen fast 1.5kg leichter als die MP5. Daher kann die MP7 auch erheblich diskreter, sowie in verdeckter oder teilverdeckter Trageweise geführt werden. Auch das Vorgehen in Gebäuden gestaltet sich mit der MP7 ideal, notfalls kann die Waffe im Nahbereich sogar mit eingeschobener Schulterstütze und sogar einhändig wie eine große Pistole abgefeuert werden.
Die Kompaktmaschinenpistole MP7 im Gewehrkaliber 4.6mmx30 hat sich in den vergangenen 15 Jahren u. a. im Afghanistan-Einsatz bei verschiedenen Armeen sowie polizeilichen Spezialkräften in über 30 Nationen bewährt.
300 Mitteldistanzwaffen fern
Weiterhin sollen im Rahmen des Sicherheitspaketes II 300 Mitteldistanzwaffen fern beschafft werden. Hierzu wären z. B. das bei einigen Spezialeinheiten verwendete FN SCAR® vom Hersteller FN Herstal, das HAENEL CR 223 oder ein Sturmgewehr aus der Produktpalette von H&K denkbar. Veranschlagte Kosten für die Beschaffung der neuen Dienstpistolen und Mitteldistanzwaffen 18,1 Millionen Euro.
Neue Schutzwesten, mobile Wachen und bauliche Sicherung
Im Rahmen des Sicherheitspaketes werden nach Informationen unserer Redaktion jedoch nicht nur neue Waffen beschafft, sondern auch rund 15 Millionen Euro in ca. 6.300 neue ballistische Schutzwesten, Erhöhung der Schutzklassen vorhandener Schutzausrüstung, temporäre und mobile Videoüberwachung, fünf mobile Wachen und die geplante Gemeinschaftswache von Bundespolizei und Polizei Berlin sowie eines sondergeschützten Fahrzeuges investiert. Innensenator Geisel rechnet mit einer Beschaffung der mobilen Wachen u. a. für das Kottbusser Tor noch im Herbst diesen Jahres.
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