Die Schwerpunkte der großangelegten Razzia lagen in Rheinland-Pfalz, im Saarland und in Hessen.
Gegen die Geschäftsführer von zahlreichen Bauunternehmen führt die Staatsanwaltschaft Kaiserslautern Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt, der Steuerhinterziehung und des Betrugs sowie der Beihilfe dazu, teilte das Hauptzollamt Saarbrücken mit. Den drei Hauptbeschuldigten – ein 37-jähriger Serbe, ein 35-jähriger und ein 36-jähriger Deutscher -, wird vorgeworfen, Arbeiter schwarz entlohnt zu haben sowie Scheinrechnungen an andere Unternehmen verkauft und damit diesen ermöglicht zu haben, sowie die Schwarzarbeit in der Buchhaltung zu verschleiern.
Nach Angaben des Hauptzollamt Saarbrücken, sah das „Geschäftsmodell“ vor, dass über ein Firmengeflecht sogenannte Scheinrechnungen für nicht erbrachte Leistungen erstellt wurden. Mit Hilfe dieser Scheinrechnungen sollen in der Buchhaltung der „Käufer“ Sachkosten und Dienstleistungen abgerechnet, die tatsächlich nicht vom Aussteller der Rechnungen selbst, sondern von Schwarzarbeitern erbracht worden sein. Die so verbuchten und bar freigesetzten Gelder werden dazu genutzt den Arbeitern Schwarzlöhne auszuzahlen ohne die Steuern und Abgaben zu entrichten, heißt es.
Scheinrechnungen in Höhe von 15 Millionen Euro
Aufgrund der bisherigen Ermittlungen geht die Staatsanwaltschaft Kaiserslautern von Scheinrechnungen in Höhe von 15 Millionen Euro aus. Der Tatzeitraum erstreckt sich von Mitte 2013 bis heute. Die Beschuldigten sollen die Sozialversicherungsbeiträge (Krankenversicherung, Rentenversicherung, Arbeitslosenversicherung und Pflegeversicherung) in Höhe von mehreren Millionen Euro sowie die entsprechende Lohnsteuer nicht abgeführt haben.
Parallel zu dem Verfahren der Staatsanwaltschaft Kaiserslautern führt die Staatsanwaltschaft Darmstadt ein Ermittlungsverfahren gegen drei Betreiber eines Bauunternehmens, denen vorgeworfen wird, sich unter anderem der Scheinrechnungen der von der Staatsanwaltschaft Kaiserslautern verfolgten Täter bedient zu haben und Sozialversicherungsbeiträge, Lohnsteuer und Beiträge der SOKA Bau in Millionenhöhe hinterzogen zu haben. Die strafprozessualen Maßnahmen einschließlich der Vollstreckung von drei Haftbefehlen erfolgten zeitgleich am heutigen Tag.
„Wir sind mit dem Ablauf des Einsatzes sehr zufrieden. Die Haftbefehle konnten ohne Widerstand vollstreckt werden„, so Achim Inhülsen, Einsatzleiter des Zolls. „Die mutmaßlichen Drahtzieher wurden vorläufig festgenommen und wurden im Laufe des Tages dem jeweiligen Ermittlungsrichter vorgeführt.“
Es konnten umfangreiche Beweismittel sichergestellt werden. Neben Geschäftsunterlagen wurden auch elektronische Datenträger zur Auswertung mitgenommen. Außerdem stellten die Zöllner vor Ort ca. 150.000 Euro Bargeld, Wertgegenstände im Wert von 60.000 Euro, 19 (Schuss-) Waffen, die unter das Waffengesetz fallen, eine Maschinenpistole, die durch das Kriegswaffenkontrollgesetz verboten ist, und dazugehörige Munition sicher.
Eine weibliche Person wurde vorläufig festgenommen. Darüber hinaus wurden vorläufige vermögensabschöpfende Maßnahmen ergriffen, für die auch ein Bargeldspürhund des Zolls eingesetzt wurde.
Im Rahmen der Maßnahmen wurden ferner mehrere Arbeitnehmer festgestellt, die keine (gültigen) Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigungen besaßen.
In einem Keller im Rhein-Main-Gebiet wurde außerdem Diebesgut mit entsprechendem Einbruchswerkzeug aufgefunden.
Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Kaiserslautern und der Staatsanwaltschaft Darmstadt dauern an. Für den Zoll und die Steuerfahndung schließen sich umfangreiche Auswertungen an.
Zusatzinformation:
Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt nach § 266a Strafgesetzbuch: Wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt (§ 266a StGB) machen sich Arbeitgeber strafbar, die den Einzugstellen vorsätzlich Sozialversicherungsbeiträge (Arbeitnehmer- und/oder Arbeitgeberbeiträge) vorenthalten. Die Straftat kann mit Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren oder mit Geldstrafe geahndet werden.
Steuerhinterziehung (z.B. Lohnsteuer) nach § 370 Abgabenordnung: Aus der Abgabenordnung (AO) und den Einzelsteuergesetzen ergeben sich Rechte und Pflichten der Steuerpflichtigen oder anderer Personen. Die Nichtbeachtung oder Verletzung von Pflichten sowie die Begünstigung können zu einer Steuerstraftat oder einer Steuerordnungswidrigkeit führen.
Betrug nach § 263 Strafgesetzbuch: Bei einem Betrug ist beispielsweise der Arbeitgeber seiner Pflicht die Sozialleistungen zu zahlen nicht nachgekommen, um sich durch Vorspiegelung falscher Tatsachen einen nicht gerechtfertigten Vermögensvorteil zu verschaffen.