Potsdam – Gestern Morgen gegen 6 Uhr setzten fast 300 Bundespolizisten zu einem bundesweiten Schlag gegen eine vietnamesische Schleuserorganisation an. Insgesamt durchsuchen die Beamten, unterstützt von Spezialkräften der Beweis- und Festnahmeeinheit (BFE) 18 Wohnungen in den Berliner Bezirken Lichtenberg, Marzahn-Hellersdorf sowie in Brandenburg und Thüringen. Außerdem vollstreckte die Bundespolizei 10 Haftbefehle in Berlin, München und Eisenhüttenstadt gegen mutmaßliche Mitglieder der Schleuserbande.
Parallel gingen Sicherheitsbehörden in Frankreich, Großbritannien, Tschechien und Ungarn gegen weitere Hintermänner des Schleuserrings vor.
Seit September letzten Jahres ermittelt die Bundespolizei im Auftrag der Staatsanwaltschaft Berlin gegen die international agierende Organisation. Die insgesamt 22 Beschuldigten sollen mindestens 72 Vietnamesen von Deutschland über Belgien oder Frankreich nach Großbritannien geschleust haben.
Dabei handelte es sich um sogenannte „Garantieschleusungen“. Dabei werden die Menschen so oft geschleust, bis sie ihr Zielland erreichen.
Dafür sollen die Hintermänner bis zu 25.000 Euro pro Person kassiert haben. Bezahlt wird das Geld meistens von den Familien der Geschleusten. Oft verkaufen sie Haus und Hof und verschulden sich. In der Regel übergeben Familienangehörige das Geld in Vietnam an Drahtzieher der Organisation. Dafür erhalten sie die Garantie, dass ihre Angehörigen im Zielland ankommen. Der Weg führt von Vietnam über Moskau weiter nach Berlin. Dort erfolgt die Unterbringung in angemieteten Unterkünften. Die Schleusungswilligen müssen dann zunächst Geld mit illegalem Zigarettenhandel verdienen. Damit können sie selbst zur Zahlung des Schleuserlohns beitragen bevor sie weiter über Belgien oder Frankreich in Richtung Großbritannien transportiert werden.
In den Durchsuchungsobjekten in Berlin, Erfurt, Luckenwalde und Kremmen konnten neben diversen beweiserheblichen Unterlagen und Aufzeichnungen auch Computertechnik sowie Mobilfunktelefone beschlagnahmt werden. Die Beweismittel werden derzeit von Spezialisten der Bundespolizei untersucht. Deutschlands oberster Bundespolizist, Matthias Seeger, zeigte sich zufrieden mit der konzertierten Aktion und lobte ausdrücklich die Fahnder und Ermittler: „Die Bundespolizei ist bei der Bekämpfung internationaler Schleuserorganisationen gut aufgestellt. Wir müssen aber davon ausgehen, dass die Aktivitäten dieser Netzwerke weiter zunehmen werden, weil die Schleusungen ein sehr lukratives Geschäftsfeld sind und Migrationsströhme nach Europa in Zukunft prognostisch weiter zunehmen werden.“ Der Präsident des Bundespolizeipräsidiums wies darauf hin, dass der Schutz der EU-Außengrenzen zwar gut sei, die internationalen Schleuserbanden aber immer professioneller agierten. Es sei davon auszugehen, dass die Dunkelziffer im Bereich der Schleusungskriminalität sehr hoch sei. „Die von uns geführten Ermittlungsverfahren sind nur die Spitze des Eisbergs. Deshalb ist es wichtig, dass der Fahndungs- und Ermittlungsdruck weiter aufrecht erhalten wird“, sagte Matthias Seeger in Potsdam.
Im Jahr 2010 führte die Bundespolizei 2.180 Ermittlungsverfahren wegen des Einschleusens von Ausländern durch.
Video zum Einsatz der Bundespolizei
Quelle: Bundespolizeipräsidium Potsdam | Fotos: © Bundespolizei