Nürnberg | Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) stellte gestern in Nürnberg eine neuentwickelte Software für die Einsatzzentralen der Bayerischen Polizei vor, die eine Ortung in Notfällen über SMS ermöglicht. Über den GPS-Empfänger im Smartphone kann die Polizei nach Freigabe durch den Anrufer die Position bis auf wenige Meter genau feststellen.
„In userer digitalisierten Welt ist das Smartphone zu einem ständigen Begleiter geworden und seine vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten eröffnen uns völlig neue Anwendungsmöglichkeiten. Ob beim Wandern, nach einem Unfall in einer fremden Stadt oder nach einem gewaltsamen Überfall, stehen die Betroffenen oftmals unter Stress und wissen nicht genau wo sie gerade stehen oder sind. Dann kann die Ortungsfunktion des Smartphone der Retter in der Not sein und das Smartphone sogar zum Lebensretter werden„, so der Minister in Nürnberg.
Die Polizeibeamten in den Einsatzzentralen stehen bislang immer wieder täglich vor der Herausforderung, dass viele 110-Anrufer ihren genauen Standort nicht benennen können.
Mehr als zwei Millionen Notrufe nur in Bayern und Berlin
Wie Herrmann erläuterte, gehen mehr als eine Million Notrufe pro Jahr über die Notrufnummer ‚110‘ bei der Bayerischen Polizei ein. Auch in der Bundeshauptstadt wird die eine Millionen Marke an Notrufen erreicht. „Im vergangenen Jahr wurden in der Einsatzleitzentrale der Berliner Polizei insgesamt 1.282.695 Notrufe angenommen„, teilte Polizeisprecher Thomas Neuendorf auf Nachfrage von SEK-Einsatz.de am Freitag mit.
„Immer wieder kommt es leider vor, dass Anrufer ihren genauen Standort nicht angeben können„, so der bayerische Minister. Es verstreiche wertvolle Zeit, bis die Einsatzkräfte vor Ort sind. „Gerade in Gefahrensituationen zählt aber jede Minute„, betonte Herrmann. „In solchen Fällen bietet die unmittelbare Einbindung der GPS-Ortung in das Einsatzleitsystem der Bayerischen Polizei völlig neue Möglichkeiten und ist deutschlandweit in dieser Form einmalig.“ Laut Herrmann können die Informationen im Bedarfsfall auch unverzüglich über eine Schnittstelle zwischen den Einsatzzentralen der Bayerischen Polizei mit den Integrierten Leitstellen der Feuerwehren und Rettungsdienste ausgetauscht werden.
Nutzen kann das neue System jeder, der ein internetfähiges Mobiltelefon mit GPS-Funktion und Netzempfang hat. Sollte die GPS Funktion nicht aktiviert sein, wird der User aufgefordert diese zu aktivieren. Eine spezielle Notruf-App ist nicht notwendig.
Wie Minister Joachim Hermann erklärte, können die Einsatzzentralen der Polizei im Notfall an die Mobiltelefonnummer des Anrufers eine SMS mit einem Weblink versenden und das wahlweise in verschiedenen Sprachen.
Nachdem dieser Link vom Anrufer aufgerufen wurde, wird die GPS-Position des Smartphones ausgelesen. Die Koordinaten werden dann an die jeweilige Einsatzzentrale der Bayerischen Polizei übertragen und automatisch in einer Karte dargestellt.
Herrmann: „Der Polizist am Notrufannahmeplatz kann somit den aktuellen Standort des Anrufers feststellen und die Polizeistreife gezielt hinschicken.“ Dadurch werde die Arbeit der Einsatzkräfte insbesondere in Eilfällen erheblich erleichtert.
Bislang nur Funkzellen Standortdaten von Providern
„Aktuell wird bei Notrufen über die 110 nur die Standortdaten von den Providern gemäß den Bestimmungen des Telekommunikationsgesetzes (TKG) übermittelt. Diese Angaben werden im Einsatzleitsystem übernommen sowie in einer Karte dargestellt. Sofern es sich um Koordinaten handelt (Mobilfunk) sind diese GSM (Funkzellentechnik) – basierend. Diese Übermittlung wird einmalig bei Auslösung des Notrufes übertragen, eine permanente Ortung ist damit nicht verbunden„, erklärt Sprecher Neuendorf von der Polizei Berlin. Die GSM-Ortung ist jedoch, im Vergleich zur Standortbestimmung mittels GPS, meist deutlich ungenauer, da die zur Standortbestimmung herangezogenen Signale systembedingte Toleranzen aufweisen können.
„Bis Ende März werden wir alle Einsatzzentralen der Bayerischen Polizei mit der innovativen Software ausstatten“, kündigte Herrmann an. „So können wir unseren Bürgerinnen und Bürgern im Notfall noch schnellere Hilfe bieten.“ Die Ausstattung mit der innovativen Software kostet dem Freistaat einmalig rund 70.000 Euro. Dazu kommen knapp 6.000 Euro an jährlichen Betriebskosten.
Ganz besonders wichtig ist dem bayerischen Innenminister, dass der Datenschutz in jedem Fall gewährleistet ist. „Durch das Bestätigen des Links gestattet der Anrufer selbst die nur einmalige Ortung seines Standorts. Eine weitere Ortung erfolgt nicht.“
Außerdem werden die übermittelten Daten nur in polizeieigenen Systemen verarbeitet. Eine Datenübernahme von externen Anbietern in das Einsatzleitsystem der Bayerischen Polizei findet nicht statt.
Die neue Ortungsmöglichkeit wurde federführend beim Polizeipräsidium Oberbayern Süd entwickelt und dort sowie beim Polizeipräsidium Mittelfranken bereits seit mehreren Wochen erfolgreich getestet.