Berlin | Mit rund acht Wochen Verspätung begann am heutigen Montag der dreijährige Probelauf für die Distanz-Elektroimpulsgeräte der Firma TASER. Im Rahmen des Probelaufs soll getestet werden, inwieweit sich diese als ergänzendes Distanzeinsatzmittel – zwischen dem Reizstoffsprühgerät und der Schusswaffe – für den täglichen Dienst eignen. Ist der Taser ein probates Mittel um in Extremsituationen gegen gewaltbereite oder gewalttätige Personen einzuwirken und auf die Schusswaffe zu verzichten?
Dazu hat die Polizei Berlin insgesamt 25 Geräte des Typs TASER X2 beschafft, wie Polizeisprecher Winfried Wenzel gegenüber SEK-Einsatz.de auf Nachfrage Ende November mitteilte. „Es sind bereits alle Geräte eingetroffen und Instruktorinnen und Instruktoren ausgebildet worden. Die Ausbildung der Anwenderinnen und Anwender erfolgte ab der 47. Kalenderwoche 2016„, so Wenzel. Ursprünglich sollte der Probelauf bereits Anfang Dezember starten, jedoch wurde er verschoben, da zunächst die Personalräte in den betroffenen Direktionen zustimmen mussten.
410 „umwerfende“ Tasereinsätze zwischen 2006 – Juli 2015
Bisher war der Einsatz solcher Geräte auf die Spezialeinheiten in Deutschland beschränkt. Wie das Polizeitechnische Institut (Pti) an der Deutschen Polizei Hochschule (DHPol) in Münster auf Nachfrage SEK-Einsatz.de mitteilte, kam der TASER innerhalb der Spezialeinheiten in den Jahren 2006 – Juli 2015 insgesamt 410 Mal zum Einsatz. In 85% der Fälle war das Gerät stets zuverlässig sowie wirksam und die Personen konnten problemlos überwältigt werden. Bei den anderen 15% handelte es sich z. B. um Fehlschüsse oder anderen einsatzbedingten Abweichungen. Um die Wirksamkeit dieses Einsatzmittels nicht zu gefährden, können weitere Einzelheiten nicht veröffentlicht werden.
TASER Geräte auf den Abschnitten 32 & 53
Für den Probelauf der Polizei Berlin wurden insgesamt 20 Polizistinnen und Polizisten speziell ausgebildet. Diese werden auf den Abschnitten 32 (Mitte) und 53 (Kreuzberg) täglich mit dem neuen Einsatzmittel ausgerüstet ihren Dienst versehen. Die Verwendung ist an die engen rechtlichen Rahmenbedingungen des Schusswaffengebrauchs geknüpft. Die Taser sind als Schusswaffe gemäß des „Gesetzes über die Anwendung unmittelbaren Zwanges bei der Ausübung öffentlicher Gewalt durch Vollzugsbeamte des Landes Berlin“ (UZwG Bln) kategorisiert.
In der Testphase der Taser werden alle Daten zum Einsatz detailliert festgeschrieben und evaluiert. Ob die Geräte im Einsatzdienst flächendeckend zur Anwendung kommen, wird nach dem dreijährigen Probelauf auf Grundlage der gesammelten Erfahrungen entschieden.
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Berliner Senat offen gegenüber Probelauf
Auch die Innenverwaltung des neuen Senats in Berlin steht dem Probelauf offen gegeüber. Innen-Staatssekretär Torsten Akmann: „Distanz-Elektroimpulsgeräte stellen ein geeignetes und im langjährigen Probelauf bewährtes Einsatzmittel bei den Spezialeinsatzkommandos dar. Sie sind in bestimmten Situationen geeignet, Angriffs-oder Handlungsunfähigkeit zu erzielen, ohne dass von der Schusswaffe Gebrauch gemacht werden muss.
Insbesondere in Fällen von durch Drogen hervorgerufener Schmerzunempfindlichkeit, durch die der Einsatz von Pfefferspray oder einem Schlagstock nicht den notwendigen Effekt hervorruft, kann ein Distanz-Elektroimpulsgerät das mildere Mittel gegenüber einem Schusswaffeneinsatz sein und damit eine Lücke in den polizeilichen Einsatzmitteln des allgemeinen Streifendienstes schließen.
Der Senat beobachtet daher mit Interesse die Erprobungen im europäischen Ausland, insbesondere in Österreich, wo die Distanz-Elektroimpulsgeräte nicht nur in regulären Polizeieinheiten, sondern auch im Justizvollzug eingesetzt werden.“
Gewerkschaften begrüßen den Probelauf
Auch die beiden großen Polizeigewerkschaften begrüßen den Probleauf des Tasers im Streifendienst der Polizei Berlin. Der Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) Bodo Pfalzgraf: „Wir begrüßen ausdrücklich den Probelauf des Tasers beim Abschnitt 32 in Mitte und Abschnitt 53 in Kreuzberg.“
TASER-Probelauf auch in Rheinland-Pfalz und Hessen
Ebenfalls für einen Probelauf der Distanz-Elektroimpulsgeräte offen sind die Bundesländer Rheinland-Pfalz und Hessen. Voraussichtlich Anfang März könnte in Trier mit der Erprobung begonnen werden. In Hessen wird derzeit ebenfalls heiß diskutiert und Vorbereitungen getroffen.