
ATLAS ist der Verbund der polizeilichen Antiterroreinheiten innerhalb der europäischen Union.
Die informelle Kooperationsstruktur wurde 2002 gegründet und resultiert aus den Anschlägen des 11. September 2001, in deren Folge die Europäische Kommission sowie der Europäische Rat für Justiz und Inneres die Mitgliedstaaten beauftragten, ein Treffen der Leiter europäischer Spezialeinheiten durchzuführen.
Die Kommandeure der Spezialeinheiten (SE) kamen in Brüssel zusammen mit dem Ziel, die Verbesserung der bilateralen Kooperationen der SE’s innerhalb des Atlas-Verbundes, sowie diese auszudehnen und alle europäischen Spezialeinheiten in ein Boot zu holen.
Ein wesentliches Thema war zuerst die Entwicklung einer Kommunikationsplattform der verschiedenen europäischen Einheiten. Im Jahr 2005 wurde in Brüssel eine Geschäftsordnung erlassen und verschiedene Arbeitsgruppen erstellt. Die rechtlichen Grundlagen auch andere Spezialeinheiten in europäischen Mitgliedsstaaten einsetzen zu können, wurde mit dem EU-Ratsbeschluss vom 23.Juni 2008 beschlossen. Hiernach kann bereits jetzt jeder Mitgliedstaat einen anderen um Hilfeleistung durch eine Spezialeinheit ersuchen, um eine Krisensituation zu bewältigen. Dem ersuchenden Staat steht es hiernach frei, dieses Ersuchen entgegen zu nehmen, es abzulehnen oder eine andere Art von Hilfeleistung vorzuschlagen. Jedoch gilt immer das Recht des anfordernden Staates.
Der Name des ATLAS Verbundes steht nicht wie oftmals gedacht für eine Abkürzung, sondern beruht auf den gleichnamigen Titanen aus der griechischen Mythologie, der den Himmel auf seinen Schultern trägt. Beim ATLAS Verbund sollen so die verbundenen Spezialeinheiten die „Rettung der Menschen“ symbolisieren.
Das Motto der SE’s im ATLAS Verbund lautet: „All together to protect you!“
Wie ernst dieser Auftrag den Einheiten ist, bewiesen sie bei der Großübung „Common Challenge 2013″ im April vergangenen Jahres.
Aktuell besteht ATLAS aus 37 Spezialeinheiten aller Mitgliedsstaaten der europäischen Union und verfügt über finanzielle EU-Haushaltsmittel („Prevention of and fight against crime – ISEC“) von einer Million Euro für Foren, Projekte und Arbeitsgruppen. Aufgrund polizeilicher Strukturen, sind einige Länder wie z.B. Deutschland mit zwei Spezialeinheiten im Verbund vertreten. Die GSG 9 der Bundespolizei und stellvertretend für die Länderpolizeien, ist das Spezialeinsatzkommando (SEK) Baden-Württemberg eingebunden.
Working Groups und Projekte
Der Kommandeur der GSG 9 der Bundespolizei Olaf Lindner ist der Vorsitzende des gesamten Verbundes im ATLAS Executive Bureau (AEB). Der ATLAS-Vorsitz wird alle vier Jahre von den Leitern der Spezialeinheiten der Europäischen
Mitgliedstaaten gewählt. Der Leiter der GSG 9 der Bundespolizei ist im Oktober 2012 für vier Jahre zum Vorsitzenden gewählt worden.
In dieser Geschäftsstelle arbeiten vier weitere Polizeibeamte der GSG 9 in den Bereichen, Organisation, IT, Öffentlichkeitsarbeit und Haushalt.
Das Aufgabenspektrum des AEB umfasst die Verwaltung des Budgets, die Durchführung von Sitzungen des ATLAS-Commander-Forums sowie Abstimmung und Koordination gemeinsamer Maßnahmen. In den derzeit eingerichteten Working Groups „Gebäude“, „Transport“, „Maritim“ sowie „Zugang“ werden Einsatzkonzeptionen zur Bewältigung von Geiselnahmen größerer Menschengruppen an unterschiedlichen Tatorten entwickelt und fortgeschrieben sowie Vorschläge für Fortbildungsmaßnahmen und Projekte erarbeitet. Diese Vorschläge werden durch die Leiter der Working Groups im „ATLAS-Management-Board“ aufeinander abgestimmt und dem „ATLAS-Commander-Forum“ zur Entscheidung vorgelegt.
Im ATLAS-Commander-Forum tagen zwei Mal jährlich alle Kommandeure der europäischen Spezialeinheiten und beschließen neue Aktivitäten oder neue Projekte im Verbund. Diese Projekte werden vom ATLAS Management Port vorbereitet und dem Forum zur Abstimmung unterbreitet. Ein solches Projekt könnte z.B. „Smoke“ sein, welches sich dann mit der Entwicklung neuer taktischer Verfahren bei Feuer und Rauch befassen würde.
Die Kommunikationsplattform aller Einheiten ist bei EUROPOL angesiedelt und ermöglicht allen Einheiten Informationen, je nach Geheimhaltung, untereinander auszutauschen. Die Bundespolizei beteiligt sich an den Arbeitsgruppen „Maritim“ sowie „Zugang“.
Wieso gibt es den ATLAS Verbund?
Der ATLAS Verbund erlaubt es den Angehörigen europäischen Spezialeinheiten sich gegenseitig bei Einsätzen zu unterstützen. Nicht jedes EU-Land ist so gut mit polizeilichen Spezialeinheiten (GSG 9, SEK, MEK usw.) aufgestellt und kann so schnell effektiv bei z.B. großen Einsatzszenarien handeln wie in Deutschland.
Mit Blick auf Kommunikation, Einsatzmittel, polizeiliche Taktiken und hinsichtlich eines gemeinsamen Sprachgebrauches trainieren die SE’s, um auf einen möglichen Ernstfall vorbereitet zu sein.
Die Internationale Zusammenarbeit werde durch das global agierende Terrornetzwerk immer wichtiger, so der stellvertretende Kommandeur in seiner Rede. Deshalb führten europäische Spezialverbände in diesem Jahr eine gemeinsame Großübung durch. „Es geht dabei um die Reaktion auf gleichzeitige große Terrorangriffe auf Gebäude, Flugzeuge, Züge und Busse mit vielen Geiseln.
Wir haben es heute überwiegend mit einem nationenübergreifenden Kriminalitätsphänomen zu tun. Ob Terrorismus oder Organisierte Kriminalität – alles wird internationaler und übergreifender. Vor diesem Hintergrund ist es von ganz besonderer Bedeutung, dass wir mit unseren Pendants auch auf internationaler Ebene die Zusammenarbeit verstärken.“
Weitere Informationen zur GSG 9 der Bundespolizei sowie zur ATLAS Übung „Common Challenge 2013“ finden sie hier.
Nachwuchs gesucht: Der Weg zur GSG 9
Wer eine Ausbildung des mittleren oder gehobenen Polizeivollzugsdienstes – entweder bei der Bundespolizei, Landespolizei oder dem Bundeskriminalamt – erfolgreich absolviert hat, das 32. Lebensjahr bis zum möglichen Beginn der Basis- und Spezialausbildung noch nicht vollendet hat, keine Sehhilfe benötigt und gesundheitlich geeignet ist, kann sich bei der GSG9 bewerben. Es folgt ein viertägiges Eignungsauswahlverfahren. Bei psychischer und physischer Eignung sowie bestandener Schießprüfung beginnt zeitnah die Basis- und Spezialausbildung.
Nach erfolgreichem Abschluss dieser zehnmonatigen dritten Phase erhält der Aspirant das Tätigkeitsabzeichen. In einer der Einsatzeinheiten erfolgt dann die Qualifizierung zum Präzisionsschützen, Taucher oder Fallschirmspringer.
Informationen zum Eignungsauswahlverfahren (EAV) gibt es hier.