hinzugezogen. Das Ziel der speziell ausgebildeten Verhandlungsteams ist es, den Täter zur Aufgabe zu bewegen, den Zugriff der SEK-Kräfte zu unterstützen oder die Situation zu deeskalieren. Dabei wird das Kommunikationskonzept je nach Gefährlichkeit und Verhalten des Täters stetig angepasst, um adäquat auf Täter, aber auch Opfer einwirken zu können.
Bis zur Geburtsstunde der Thüringer Verhandlungsgruppe (VG) im Jahr 1994 gab es im Freistatt lediglich einzelne Polizeibeamte mit besonderem psychologischem Hintergrundwissen. Am Dienstag in der vergangenen Woche feierten die 25 Experten der Thüringer VG ihr mittlerweile 20-jähriges Bestehen.
Innenminister Jörg Geibert (CDU) dankte den Angehörigen der Spezialeinheit
„Die Mitglieder der Verhandlungsgruppe unterstützen in hohem Maße das Ermittlungs- und Einsatzgeschehen zur Bewältigung schwerer Gewaltkriminalität. Dabei begeben sie sich nicht selten selbst in Gefahr,“ erklärte der Minister und dankte dem Team für die Übernahme dieser keineswegs leichten Aufgaben. Anschließend demonstrierten die Verhandler und Techniker der Gruppe im Zusammenwirken mit dem Thüringer Spezialeinsatzkommando (SEK), wie eine Gesprächsführung mit bewaffneten Tätern im Ernstfall abläuft.
Erst im letzten Jahr bewies die Verhandlungsgruppe der Thüringer Polizei bei der Geiselnahme in der JVA Goldlauter ihre besonderen Fähigkeiten.
Ein 52-jähriger Häftling nahm am Karfreitag vergangenen Jahres eine 26-jährige JVA Angestellte als Geisel, fesselte sie und verschanzte sich mit ihr in einem Dienstraum. Dabei bedrohte der Täter die junge Beamtin mit einem Messer. Über elf Stunden versuchten die Mitglieder der Verhandlungsgruppe den Mann zur Aufgabe zu bewegen, bis schließlich Spezialeinsatzkräfte den Gewaltverbrecher überwältigen konnten.
SEK-Einsatz.de berichtete:
[blog_list style=“def“ display=“tag“ category=“null“ tag=“jva-goldlauter“ posts_per_page=“1″]Auch im Rahmen der Suizidandrohung eines Abschiebehäftlings in der JVA Hohenleuben im April dieses Jahres waren die Verhandler im Einsatz, wie Kriminalkommissarin Susanne Herrmann – Mitarbeiterin der Geschäftsstelle der Verhandlungsgruppe – am Dienstag sagte.
Durchschnittlich 15 Fälle im Jahr
Die komplette Verhandlungsgruppe der Polizei Thüringen ist jährlich an der Bearbeitung von durchschnittlich 15 Fällen beteiligt. Hinzu kommen Prüfungshandlungen oder sonstige Einsatz- und Ermittlungsunterstützungen durch einzelne Mitglieder oder Teile der Gruppe.
Die Geschäftsstelle der Verhandlungsgruppe, die dem Landeskriminalamt Thüringen angegliedert ist und aus zwei hauptamtlichen Mitarbeitern besteht, ist für Organisation, Planung und Fortbildungsmaßnahmen verantwortlich. Die nebenamtlichen Mitglieder setzen sich aus den 20 Verhandlern und drei Technikern zusammen. Dabei handelt es sich um erfahrene Polizeivollzugsbeamte, welche diese Tätigkeit zusätzlich zu ihrem eigentlichen Polizeidienst wahrnehmen.
Seit September 2013 beteiligt sich die Einheit an der bundesweiten Arbeitsgruppe „Erfassung der Aufgaben der Verhandlungsgruppe bei einer Massengeiselnahme“. Darüber hinaus nimmt die Thüringer Verhandlungsgruppe an Komplexübungen mit anderen Bundesländern teil, wie zum Beispiel an der Übungsserie „Phönix“ der sächsischen Polizei (in diesem Jahr unter anderem an der Geiselnahme im Amtsgericht Leipzig mit mehreren Tätern).
Wie bewegt man einen Täter zur Aufgabe?
SEK-Einsatz.de sprach mit einem Angehörigen einer Verhandlungsgruppe und fragte nach, wie man einen Täter zur Aufgabe bewegt.
„Dienstgeheimnis“, grinst der erfahrende Verhandler. „Die beiden wichtigsten Schlüssel sind Empathie und Zuhören. Zwischen mir und dem Betroffenen muss eine persönliche Beziehung entstehen. Außerdem versuche ich ihm eine Zukunftsperspektive aufzuzeigen. Besonders wichtig und hilfreich ist unsere psychologische Schulung die einen Großteil der Ausbildung in Anspruch nimmt.“
In 99% der Fälle klappt es und das Gegenüber kann zur Aufgabe bewegt werden. Dass es immer ein Restrisiko gibt, zeigte erst kürzlich der tödliche SEK-Einsatz in Asbach-Bäumenheim.
„Bei solch tragischen Einsätzen hat man unterschwellig das Gefühl mitverantwortlich zu sein für den Tod, obwohl man wirklich alles probiert und versucht hat.“
Bei den Einsätzen einer Verhandlungsgruppe liegen Leben und Tod oftmals sehr nah bei einander.