In Köln, Leverkusen, Bergisch-Gladbach, Troisdorf, Solingen, Hagen, Schwerte, Witten, Dortmund, Hamm, Pulheim, Recklinghausen, Bornheim, Geilenkirchen und Wuppertal schlugen die Ermittler zu. Mit Beginn der Einsatzmaßnahmen haben auch die italienischen Ermittlungsbehörden mit Durchsuchungen und der Vollstreckung von sechs internationalen Haftbefehlen des Amtsgerichts Köln gegen italienische Tatverdächtige in Licata, Ravanusa und Piazza Armerina auf Sizilien begonnen.
Den Beschuldigten wird zur Last gelegt, 24 so genannte „Strohmannfirmen“ gegründet zu haben, über die Schwarzarbeit und Steuerstraftaten mit einem Gesamtschaden von mehr als 30 Millionen Euro abgewickelt wurden. Bislang haben die Ermittler elf von zwölf Haftbefehlen in Nordrhein-Westfalen und sechs Haftbefehle auf Sizilien vollstreckt. Die Staatsanwaltschaft Köln wird die Aus¬lieferung der Festgenommenen nach Köln betreiben.
Die Einsatzmaßnahmen sind das Ergebnis einer engen Zusammenarbeit von Staatsanwaltschaft und Polizei Köln, den Steuerfahndungsämtern Düsseldorf, Bonn und Wuppertal, dem Bundeskriminalamt, der Generalstaatsanwaltschaft in Palermo, dem Ermittlungsrichter des Gerichtes der Provinz Agrigent sowie den am heutigen Einsatz beteiligten Carabinieri-Dienststellen. Spezialisten in NRW und Italien sind zur Stunde damit beschäftigt, die von den überwiegend sizilianischen Tatverdächtigen erwirtschafteten illegalen Gewinne abzuschöpfen. Unter anderem wird eine Luxus-Villa auf Sizilien beschlagnahmt.
Hintergründe des Verfahrens:
Nach dem letzten bundesweiten Schlag gegen Firmen der italienischen Baumafia am 15.03.2011 (EK-Rizzo) richteten sich die Ermittlungen im aktuellen Verfahren (EK Scavo) seit November 2011 erneut gegen eine mafiöse Gruppierung überwiegend sizilianischer Tatverdächtiger in Köln. Ermittler fanden heraus, dass ein 39-jähriger Sizilianer aus einer italienischen Gaststätte in Köln die Geschäfte lenkte.
Das illegale Geschäftsmodell:
Die Gruppierung gründete Unternehmen oder kaufte bereits existierende Firmen auf. Als Geschäftsführer dieser Firmen wurden Strohmänner eingesetzt, die heute Morgen in Italien festgenommen wurden. Gelder zum Kauf dieser Firmen wurden durch Hinterleute zur Verfügung gestellt. Diese besorgten die für die Strohmanngesellschaften erforderlichen Urkunden und Nachweise zur Teilnahme am Wirtschaftsverkehr. Nach Gründung der Strohmannfirmen verkaufte die Gruppierung verschiedenen „Nutzerkreisen“ vor allem Rechnungen dieser Firmen, ließ die Rechnungsbeträge über die Konten der Strohmannfirmen laufen und zahlte die Summe abzüglich einer Gebühr an die Nutzer in bar aus.
So wurde zum Beispiel illegalen Bauarbeiterkolonnen ermöglicht, mit ihren Auftraggebern über die Strohmannfirmen Aufträge zu vereinbaren und abzurechnen, gleichzeitig aber sämtliche anfallenden Steuern und Sozialabgaben, die nach Papierlage von der Strohmannfirma abzuführen gewesen wären, nicht entrichten zu müssen. Mit dem erhaltenen Bargeld wurden die schwarz beschäftigten Bauarbeiter ausgezahlt, die auch noch – zum Schein und ohne Beitragszahlung – bei den Sozialversicherungsträgern auf die Strohmannfirmen angemeldet wurden, um bei Baustellenkontrollen nicht aufzufallen und Sozialleistungen (Krankenversicherung, Arbeitslosenversicherung) zu erhalten.
Auch am Markt etablierte Baufirmen wurden als Kunden der Baumafia enttarnt. Sie kauften Scheinrechnungen, um damit in den eigenen Bilanzen tatsächlich nicht entstandene Kosten vorzutäuschen und so Steuern und Sozialabgaben zu sparen. Das erhaltene Bargeld nutzen die Firmeninhaber für eigene Zwecke, bezahlten eigenen Arbeitern einen zusätzlichen Schwarzlohn oder heuerten illegale Arbeiterkolonnen an.
Im Laufe der verdeckten Ermittlungen konnte eine zweite Gruppe italienischer Tatverdächtiger festgestellt werden, die zum Teil gemeinsam mit der Kölner Gruppierung den Betrieb von Strohmannfirmen organi¬sierte und von der Kölner Organisation profitierte. Diese in Dortmund / Witten ansässige Gruppierung wurde von einem 55jährigen Sizilianer geleitet.
Der Kopf der Kölner Gruppe nutzte sein Lokal darüber hinaus als Drogenumschlagsplatz. Er steht im dringenden Tatverdacht, in mehreren Fällen gewerbsmäßigen Handel mit Kokain in nicht geringer Menge betrieben zu haben. Ferner ist er verdächtig, scharfe Schusswaffen geführt und auch eingesetzt zu haben. Zum Tatvorwurf kommen noch der Handel mit falschen Führerscheinen und Warenkreditbetrügereien mit den Strohmannfirmen hinzu.
Quelle: Polizei Köln