Paderborn – Nach einem halben Jahr intensiver Ermittlungen einer fünfköpfigen Kommission hat die Paderborner Polizei einen Rauschgiftdealerring gesprengt, der mindestens 1,2 Kilogramm Kokain im Kreis Paderborn umgesetzt haben soll. Der Bandenchef (37) sowie zwei weitere Drahtzieher (41/ 50) – alle drei in Paderborn lebende Italiener – und der mutmaßliche Lieferant (39), ein Kosovo-Albaner, sitzen in Untersuchungshaft. Zwei scharfe Schusswaffen mit Munition, Bargeld, ein Auto, wertvoller Schmuck und die letzte Kokainlieferung wurden von den Drogenfahndern beschlagnahmt.
Im Dezember letzten Jahres erhielt das Kriminalkommissariat 31, zuständig für Drogendelikte im Kreis Paderborn, erste Informationen über einen organisierten Dealerring, der im Raum Paderborn größere Mengen Kokain absetzen sollte. Nach ersten Recherchen erhärtete sich der Verdacht gegen einen 37-jährigen, bislang nicht vorbestraften Italiener aus Schloß Neuhaus. Der Mann war arbeitslos, lebte aber offensichtlich „auf großem Fuß“.
Kriminalhauptkommissar Hans-Werner Meyer, Leiter des Kommissariat 31: „Um den Drogenhandel beweiskräftig aufzuklären und die Täter dingfest zu machen, haben wir im Januar eine Ermittlungskommission gegründet, in der bis zu fünf Beamte eingesetzt waren. Zusätzlich haben wir für verdeckte Operationen die Unterstützung von Spezialeinheiten angefordert.“ Da auch die mutmaßlichen Komplizen des Paderborner Drogenbosses aus dem Umfeld italienscher Bars und Restaurants stammen sollten, wurde die Kommission nach der geografischen Optik Italiens benannt: „EK Stiefel“.
Im Zuge der Ermittlungen der Paderborner Drogenfahndung konnten zwei mutmaßliche Komplizen des 37-jährigen Italieners identifiziert werden. Einer der beiden betrieb eine Pizzeria in Sennelager. Dort, aber auch in vielen weiteren italienischen Lokalen in Paderborn und Umgebung, wurde – so die Erkenntnisse der Kommission – das Kokain an Konsumenten und Kleindealer weiter verkauft.
Die Observationen ergaben auch, dass der 50-jährige Pizzeriabetreiber offensichtlich zusätzlich ein regelrechtes „Kokaintaxi“ betrieb und mit seinem Auto persönlich die Kunden belieferte. Der Mann war auch der einzige aus dem Paderborner Trio, der bereits wegen Drogenhandels vorbestraft war. Alle drei, so die Ermittler, konsumierten selbst regelmäßig Kokain. „Um auch den Kokainlieferanten überführen zu können, waren weitere, teils langwierige Überwachungen erforderlich,“ beschreibt Hauptkommissar Meyer die Arbeit der EK Stiefel. Durch die Beschattung des Trios konnte die Spur ins Rheinland verfolgt werden. Von hier aus agierte ein 39-jähriger Albaner und lieferte in unregelmäßigen Abständen „Kokainsteine“ nach Paderborn. Die Lieferungen umfassten laut Meyer immer etwa 200 Gramm reines Kokain. Das einzelne Drogengeschäft wurde in der Privatwohnung des 37-jährigen Paderborners, als auch in öffentlichen Lokalen abgewickelt. Mindestens fünf Lieferungen sollen im Ermittlungszeitraum erfolgt sein. Wahrscheinlich waren es deutlich mehr, denn auch vor der Einrichtung der „EK Stiefel“ soll das Drogengeschäft floriert haben.
Bei der letzten Lieferung Ende Mai schlugen die Fahnder zu. Das Geschäft war wieder in der schick und luxuriös eingerichteten Wohnung des 37-Jährigen gelaufen. Der Tatverdächtige sowie der 41-jährige Komplize aus Paderborn wurden von den Fahndern festgenommen. Bei der Wohnungsdurchsuchung stellten die Beamten zwei frisch erworbene und in Klebeband eingepackte Kokainsteine sicher. Wie die spätere Untersuchung ergab, handelte es sich um etwas über 200 Gramm reines Kokain. Beide Tatverdächtige wurden dem Haftrichter vorgeführt und in U-Haft gebracht. Gegen den Pizzeriabesitzer konnte jetzt ein Haftbefehl erwirkt werden, der drei Tage später vollstreckt wurde.
Den albanischen Lieferanten hatte eine Spezialeinheit weiter im Blick. Der im Rheinland lebende Mann wurde Mitte Juni von einem Spezialeinsatzkommando (SEK) in seiner Wohnung festgenommen. Bei ihm fanden die Polizisten zwei scharfe Schusswaffen mit gefüllten Magazinen und weitere Munition. Meyer: „Eine Waffe hatte der 39-Jährige in seiner Jacke mitgeführt. Die andere hatte er griffbereit in seinem Auto deponiert.“
Neben den Festnahmen der Tatverdächtigen und der Kokain-Sicherstellung, beschlagnahmte die Polizei das Auto des Pizzeriabetreibers, einige tausend Euro Drogengeld sowie Schmuck im Wert von mehreren 10.000 Euro. Die gelieferten Drogenbrocken hatten die drei Italiener in Handarbeit zu Pulver gemahlen und mit Streckmittel gemischt, um die konsumfähige Droge in grammschwere Verkaufseinheiten zu verpacken. Etwa 1,2 Kilo sollen so an die Kunden gegangen sein. Bei einem Straßenverkaufswert von etwa 100 Euro pro Gramm dürfte das Drogentrio seit Ende Januar etwa 120.000 Euro kriminellen Gewinn gemacht haben. Aus den Erkenntnissen der Drogenfahnder haben sich bislang 20 weitere Strafverfahren gegen „Kunden“ der Drogenbande ergeben. Hans-Werner Meyer geht davon aus, dass weitere hinzu kommen. Die „EK Stiefel“ ist jetzt aufgelöst worden, die Ermittlungen, so Meyer, noch lange nicht abgeschlossen.
Original Mitteilung von Pressesprecher Michael Biermann Polizei Paderborn