Erlensee – Wie der Zoll erst jetzt aus ermittlungstaktischen Gründen bekannt gibt, haben Spezialkräfte (ZUZ) des Zollfahndungsamts Frankfurt am Main bereits im März 2010 in Erlensee (Main-Kinzig-Kreis) ein Untergrundlabor ausgehoben, in dem Anabolikapräparate hergestellt wurden.
Zwei Hauptbeschuldigte wurden festgenommen, mehr als 150.000 Anabolika-Tabletten, 8.300 Anabolika-Ampullen, 12.100 Tabletten und Gelbeutel mit Potenzmitteln sowie 16,5 Kilogramm Wirkstoffe zur Herstellung von Anabolika wurden sichergestellt, daneben die gesamte Laborausrüstung, Tausende Hologramme, Etiketten und Plastikdosen zur Herstellung und dem Vertrieb der illegalen Arzneimittel.
Gegen mehr als 150 Abnehmer und Zwischenhändler wird ermittelt.
Am 15. März 2010 hat das Hauptzollamt Frankfurt am Main-Flughafen zwei Kuriersendungen aus Thailand einer Kontrolle unterzogen. Es konnte festgestellt werden, dass sich in den beiden Sendungen insgesamt 100.000 „Dianabol Tablets“ befanden. Bei diesen Tabletten handelte es sich um im Bundesgebiet nicht zugelassene, verschreibungspflichtige und bedenkliche Arzneimittel, die zu Dopingzwecken im Sport in den Verkehr gebracht werden sollten.
Im Rahmen kriminaltaktischer Maßnahmen wurden die beiden Kuriersendungen am 25. März 2010 an die Empfängeradresse in Offenbach, einer Geschäftsadresse, zugestellt. Der Empfänger, ein 28-jähriger türkischer Staatsangehöriger, sagte nach seiner Festnahme, die beiden Pakete seien für seinen in Erlensee wohnenden Cousin bestimmt. Dieser habe dort in einem Mehrfamilienhaus neben seiner eigenen eine weitere Wohnung angemietet, in der sich ein Untergrundlabor befinde, in dem Anabolika in Form von Tabletten, Kapseln und Ampullen hergestellt würden.
Bei der sich anschließenden Durchsuchung dieser Wohnung wurde das Untergrundlabor entdeckt. Es konnten große Mengen von Anabolikapräparaten sowie Grundwirkstoffe und Zubehör zur Herstellung von Dopingmitteln sichergestellt werden.
Neben dem 40-jährigen Cousin konnte als weiterer Hauptverdächtiger ein 26 Jahre alter Iraner aus Bruchköbel festgenommen werden.
Dieser Iraner soll Ende 2007 das Untergrundlabor „Steroid Apotheke“ gegründet haben. Nachdem die Geschäfte mehr und mehr florierten, gründete er, so die bisherigen Ermittlungen, ein weiteres Label namens „Seven Laboratories“. Die erforderlichen Wirkstoffe hat er demnach in China sowie Thailand bestellt und ließ sie über verschiedene Kurierdienste anliefern.
Der 40-jährige türkische Staatsangehörige aus Erlensee wird verdächtigt, im April 2009 in dieses Geschäft eingestiegen zu sein.
Von da ab soll er federführend die Anabolikapräparate im Labor hergestellt und anschließend verkauft haben. Bis zu seiner Festnahme im März 2010 soll er in etwa 400 Fällen Dopingmittel gehandelt zu haben.
Die Verkaufsgeschäfte erfolgten größtenteils über Internetforen, zu denen nur frei geschaltete Nutzer Zugang hatten. Abnehmer waren nicht nur Konsumenten und Endabnehmer in Deutschland, der Schweiz, Österreich und Frankreich, sondern auch Zwischenhändler, die ihr eigenes Verteilernetz hatten.
Im Rahmen vermögensabschöpfender Maßnahmen wurden Bargeld in Höhe von 15.125 Euro sowie ein Pkw Mercedes-Benz, ML 320 CDI, beschlagnahmt.
Neben den beiden Hauptbeschuldigten wird gegen weitere drei Personen aus Hanau, Neu-Isenburg und Rodenbach wegen Verdachts der Beihilfe zum gewerbsmäßigen Inverkehrbringen von Arzneimitteln ermittelt.
„Anhand der sichergestellten Unterlagen gehen wir von einem Tatumfang von über 200.000 Euro aus. Der tatsächliche Umsatz dürfte allerdings um ein Vielfaches höher sein“, so die Leiterin des Zollfahndungsamts Frankfurt, Pia Wiedemann.
„Die Zerschlagung dieses Untergrundlabors ist ein großer Erfolg im Kampf gegen das internationale Doping und den Medikamentenmissbrauch, darüber hinaus ein Sieg für die Gesundheit zahlreicher Menschen“, so Pia Wiedemann weiter.
Zusatzinformation
Die Ermittlungen im Hinblick auf den Tatumfang und die durchgeführten Transaktionen verliefen äußerst schwierig. Die Beschuldigten nutzten vorwiegend geschlossene Internetforen und zudem Verschlüsselungsprogramme für den E-Mail-Verkehr.
Die selbst hergestellten und an Konsumenten verkauften Präparate unter dem Label „Steroid Apotheke“ wurden bewusst überdosiert, um so den eigenen Kundenstamm mit vermeintlich qualitativ hochwertigen Präparaten zu versorgen und die Kunden dadurch an das Label zu binden. Demgegenüber wurden Präparate, die für Wiederverkäufer produziert wurden, gezielt niedriger dosiert.
Gegen einen ehemaligen Apothekenbetreiber, eine seiner Mitarbeiterinnen sowie eine Arzthelferin wird ebenfalls ermittelt. Tatvorwurf: Abgabe von verschreibungspflichtigen Medikamenten ohne Rezept. Diese Verfahren wurden abgetrennt und an die zuständige Staatsanwaltschaft in Hanau abgegeben.