Berlin | In Zukunft sollen die Angriffe auf Polizisten, Rettungskräften und Feuerwehrleute strenger bestraft werden, wie das Bundeskabinett am Mittwoch in Berlin beschlossen hat. Der verabschiedete Entwurf von Justizminister Heiko Maas (SPD) sieht vor, tätliche Angriffe auch schon bei einfachen „Diensthandlungen“ wie Streifenfahrten und Unfallaufnahmen mit drei bis fünf Jahren Haft zu bestrafen.
Bisher drohte Angreifern dies nur bei „Vollstreckungshandlungen“ wie Festnahmen. Maas sagte: „Auch wer täglich Streife geht oder in der Amtsstube seinen Dienst verrichtet, hat mehr Respekt verdient.“
Laut polizeilicher Kriminalitätsstatistik aus dem Jahr 2015 wurden fast 64.400 Attacken auf Polizisten registriert. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) drückt es noch drastischer aus: Es werde inzwischen „nicht nur ein Mal zugetreten, sondern eben fünf oder sechs Mal“.
Bayerns Innenminister begrüßt Strafverschärfungen
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hat den heute beschlossenen Gesetzentwurf zu Strafverschärfungen und erweiterten Strafvorschriften bei Gewalt gegen Polizeibeamte und Einsatzkräfte ebenfalls begrüßt.
„Das ist dringend notwendig und längst überfällig„, betonte Herrmann. Die Gewalt gegen Polizisten sei bundesweit in den letzten Jahren auf ein bedrohliches Maß angestiegen. „Wir müssen unbedingt diejenigen besser schützen, die tagtäglich für unsere Sicherheit ihren Kopf hinhalten„, so Herrmann auch an die Adresse einiger SPD-regierter Länder, die das jahrelang blockiert haben. „Hoffentlich haben die das endlich kapiert: Bei Gewalt gegen Polizisten hilft nur konsequentes Durchgreifen, auch mit harten Strafen.“ Das diene vor allem auch der Abschreckung potentieller Gewalttäter.
Wie Herrmann erläuterte, wurden 2015 in Bayern knapp 15.000 Polizistinnen und Polizisten angegriffen. Rund 41 Prozent der Vorfälle waren Beleidigungen, 30 Prozent Körperverletzungsdelikte und 19 Prozent Widerstände gegen Polizeivollzugsbeamte. Besonders erschreckend für Herrmann waren 2015 die acht versuchten Tötungsdelikte sowie der starke Anstieg der Zahl verletzter Polizisten um 8,7 Prozent auf 2.051, der Höchststand seit der erstmaligen Lagebilderstellung im Jahr 2010 in Bayern. Auch wenn die Zahlen zur Gewalt gegen Polizisten 2016 noch nicht vorliegen, rechnet der bayerische Innenminister mit keiner Entspannung der Lage: „Ganz im Gegenteil: Erste Trends zeigen, dass 2016 die Gewalt gegen Polizisten in Bayern weiter angestiegen ist.“ Herrmann erinnerte dabei auch an den tragischen Fall des 32-jährigen Polizisten, der am 19. Oktober 2016 von einem sogenannten ‚Reichsbürger‘ in Georgensgmünd kaltblütig erschossen wurde.
„Die geplanten erweiterten Strafvorschriften sind für uns ein wichtiger Baustein für einen besseren Schutz unserer Polizisten„, erklärte Herrmann. „Wir haben bei der Bayerischen Polizei beispielsweise bereits massiv in eine bessere Schutzausstattung investiert und die Fürsorgeleistungen bei Gewalttaten verbessert.“ Zusätzlich findet laut Herrmann derzeit ein Pilotversuch mit Body-Cams bei der Polizei in Augsburg, München und Rosenheim statt. „Wir testen, ob die Gewalt gegen unsere Polizistinnen und Polizisten durch den Einsatz von Body-Cams zurückgeht„, so der Minister. „Aufgrund der deutlich erkennbaren Videoüberwachung erhoffen wir uns eine höhere Hemmschwelle, Polizeibeamte anzugreifen.“
GdP-Forderung seit sieben Jahren
Als großen Erfolg bezeichnet die Gewerkschaft der Polizei (GdP) den vom Bundesjustizminister auf den Weg gebrachten Gesetzentwurf zur Stärkung des Schutzes von Vollstreckungsbeamten und Rettungskräften. Nach den Worten des GdP-Bundesvorsitzenden Oliver Malchow würde mit dem längst überfälligen Gesetz ein wirksames Instrument geschaffen, um die steigende Gewalt gegen Polizeibeamtinnen und -beamte wirksamer bekämpfen zu können.
„Mit dem neuen Straftatbestand, den die GdP bereits seit sieben Jahren fordert, und der darin enthaltenen deutlichen Strafandrohung setzt der Staat ein unmissverständliches Signal, dass diese Gewalt nicht hingenommen wird. Alle demokratischen Parteien sollten nun zügig ein Zeichen für die Polizei setzen und dem Gesetzentwurf zustimmen„, betonte Malchow bereits am gestrigen Dienstag in Berlin.
DPolG: „Nicht weit genug“
Die geplante Strafverschärfung für Angriffe auf Polizisten geht der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) nicht weit genug. „Ein Problem löst dieses Gesetz nicht, nämlich die Respektlosigkeit und Verachtung gegenüber öffentlich Beschäftigten insgesamt“, sagte der DPolG-Bundesvorsitzender Rainer Wendt der „Neuen Osnabrücker Zeitung“.
Grundsätzlich favorisiert die DPolG den Gesetzentwurf aus Nordrhein-Westfalen, den das Land im Bundesrat eingebracht hat. Dieser sieht einen besseren Schutz aller öffentlich Beschäftigten im Rahmen der Strafzumessung vor.
Nötig seien darüber hinaus noch erheblich größere Anstrengungen, „etwa für bessere Erziehung und Wertevermittlung“. Jetzt komme es auch auf die Justiz an, daraus „harte Urteile zu machen, damit die Wirkung nicht verfehlt wird“. In der vergangenen Woche hatte er in der Talksendung „Maischberger“ allerdings auch gesagt: „Wer Steine auf Polizisten wirft, schaut nicht vorher ins Strafrecht.“