Dülmen – Der Parkplatz am Kapellenweg ist am Donnerstagmorgen weiträumig abgesperrt. Sowohl an der Halterner Straße, als auch an der Silberwiese stehen Polizeifahrzeuge mit eingeschaltetem Blaulicht, Flatterband wird gespannt. Niemand darf mehr durch.
Ein Mann steigt aus einem schwarzen Volvo S90, der unweit der Glascontainer steht. Er schreit, fuchtelt mit einer Pistole in Richtung einer Frau, seiner Ex-Freundin. Der Mann hat die Frau als Geisel genommen, das Fahrzeug kann nicht weggefahren werden, weil die Frau den Schlüssel abgezogen und in die Büsche geworfen hat.
Mit dieser großangelegten Übung probt die Polizei gestern Morgen den Ernstfall. Bis zu 120 Beamte sind im Einsatz. Schwerbewaffnete und vermummte Spezialkräfte aus Münster rücken an, Polizisten mit schusssicheren Westen verschanzen sich, Hundeführer gehen mit ihren Vierbeinern in Stellung.
Die direkten Anwohner sind zwei Tage zuvor mit Handzetteln über die Übung informiert worden. Doch die Absperrung hält nicht immer. Als ein Passant mit seinem Auto die Glascontainer anfährt, den Kofferraum öffnet und Altglas entsorgen will, schauen sich die zahlreichen Übungsleiter an. „Das darf natürlich nicht passieren“, räumt Martin Pollmann, Sprecher der Kreispolizeibehörde ein. „Im Realfall hätte der Gangster jetzt eine weitere Geisel oder wieder einen fahrbahren Untersatz.“
Für die eingesetzten Beamten ist es zum Teil ein Sprung ins kalte Wasser. Die ersten Polizisten vor Ort kommen von der Wache Dülmen, hatten mit einem Verkehrsunfall gerechnet und sehen sich plötzlich der vermeintlichen Bedrohungslage ausgesetzt. Sie müssen Sofortmaßnahmen ergreifen, entsprechende Rückmeldungen an die Einsatzführung, zunächst an die Leitstelle Coesfeld, dann in das Polizeipräsidium nach Münster geben. „Dort laufen alle Fäden zusammen“, so Pollmann weiter. Die Einsatzführer blieben in der Leitstelle „denn dort haben sie das benötigte technische Equipment.“
Der Geiselgangster schnappt sich eine weitere Geisel, die er kurze Zeit später auch anschießt. Die herbeigerufenen Rettungssanitäter zögern, obwohl der Mann auf dem Bürgersteig um Hilfe schreit. Martin Pollmann: „Das erleben wir häufig, dass die Sanitäter sich verständlicherweise nicht in Gefahr begeben wollen.“
Die Übung zieht sich über drei Stunden hin. Am Ende geht alles ganz schnell: Als die Verhandlungsgruppe den Mann in ein Gespräch verwickelt, kann seine Geisel hinter den Glascontainer flüchten. Die eingesetzten Spezialkräfte erkennen die Chance und greifen sofort mit mehreren Beamten zu. Es fällt kein Schuss, der vermeintliche Geiselgangster kann festgenommen werden. Er wirkt überrascht.
„Im großen und ganzen sind wir mit der Übung zufrieden“, zieht Pollmann ein erstes Fazit.
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Quelle: westfaelische-nachrichten.de
Text und Fotos: Mit freundlicher Genehmigung von JÜRGEN PRIMUS | Dülmener Zeitung