Das Fraunhofer Institut für Angewandte Informationstechnik FIT hat unter der Studienleitung von Dr. Sebastian Denef die Aktivitäten in sozialen Netzwerken im Rahmen eines europäischen Projektes durchleuchtet. Ca. 25 Millionen deutsche Bundesbürger haben einen aktiven – mindestens einmal im Monat online – Facebook Account. Jedoch gibt es in Deutschland gerade einmal 19 (zum Zeitpunkt der Studie) aktive Polizeibehörden mit „Fanseiten“.
Vorreiter in Europa sind die Niederlande und Großbritannien. Dabei leistete die Polizei Manchester (UK) Pionierarbeit mit mehr als 50 lokalen Twitter-Accounts, sowie eigenem YouTube-Kanal und flickr-Zugang. Streifenpolizisten aus den Bezirken vor Ort twittern für ihren Dienstherrn u.a. Fahndungen.
Aufgrund fehlender Serverkapazitäten der Polizei Manchester wurden Fahndungsfotos beim Onlinedienst „flickr“ hochgeladen, um die Millionen von User-Anfragen bewerkstelligen zu können.
In den Niederlanden machte der Polizist Boudewijn Mayeur von der Polizei Limburg-Zuid (NL) auf sich aufmerksam, nachdem er in der Online Community „Habbo-Hotel“ eine eigene Polizeiwache erstellte und Jugendliche zum Thema Internet aufklärte. „Wir kontrollieren die Straßen, sind aber Gäste in sozialen Medien„, zitierte ihn gestern Nick Keane vom United Kingdom College of Policing London auf dem Europäischen Polizeikongress.
In Deutschland ist die Polizei Hannover mit mehr als 112.000 Facebook Fans die Nummer Eins im Umgang mit Sozialen Netzwerken wie Facebook. Sie ist damit der Vorreiter und das positive Beispiel von Polizeien in Sozialen Netzwerken. Hannovers Polizeipräsident Axel Brockmann erklärte gestern in Berlin wie es dazu kam: „Nach reifer Überlegung und Auswertungen der verschiedenen Zielgruppen in Sozialen Netzwerken, Tageszeitungen und öffentlich-rechtlichen Fernsehen, haben wir als Polizei den Entschluss gefasst diesen Trend mitzugehen und eine neue Zielgruppe anzusprechen.“ Mit großem Erfolg wie der Polizeipräsident stolz verkündet. „Innerhalb eines halben Jahres konnten acht besonders geeignete Fälle durch Hinweise über Facebook geklärt werden. Dabei handelte es sich z.B. um Körperverletzungen, Sexualdelikten und Fahndungen.“ Sämtliche Öffentlichkeitsfahndungen wurden im Vorfeld durch einen Richter genehmigt oder beruhen auf § 131b der StPO.
Auch hält sich die Polizei Hannover bei der Veröffentlichung von personenbezogenen Daten im Rahmen der Fahndung strikt an den Datenschutz. So werden z.B. Phantombilder und Namen nur auf den Servern des Landeskriminalamtes Niedersachsen gespeichert und bei Facebook ein Link dorthin gesetzt. „Da wir als Polizei keinen vollen Zugriff auf die Löschung aller Informationen bei Facebook haben, werden diese Daten bei uns zentral gespeichert und im Fahndungserfolgsfall umgehend gelöscht„, so Brockmann.
Jedoch nicht nur bei der Strafverfolgung setzt die Polizei Hannover auf Soziale Medien, sondern gerade auch bei Themen wie Prävention, Imagewerbung und Nachwuchsförderung. „Durch Facebook wurde unser Image dem Bürger gegenüber sehr positiv beeinflusst und zahlreiche positive Rückmeldungen erreichten uns. Wichtig dabei ist es nicht bürokratisch verkrustet zu wirken, sondern den Bürger in einem ordentlichen Tonfall anzusprechen„, erklärte der Polizeipräsident. Besonders hob er die Rücklaufqoute in Sachen Nachwuchswerbung hervor: „75% aller unserer Bewerber, die den Online-Test zur Bewerbung bei der Polizei Hannover gemacht haben, gaben an durch Facebook auf uns Aufmerksam geworden zu sein. Gerade hier sind die Sozialen Medien ein sehr, sehr wichtiges Instrument zur Nachwuchsförderung.“
Auf die Frage wie die Entwicklung in fünf Jahren sei, antwortete Brockmann: „Ich wünsche mir das die Arbeit der Polizei in Sozialen Netzwerken zum Standard bei der öffentlichen Arbeit wird und die rechtlichen Fragen und Grundlagen eindeutig geklärt sind.“