Köln | Nach den massiven Übergriffen in der Silvesternacht in Köln, hat der NRW Innenminister Ralf Jäger (SPD) die Reißleine gezogen und den Kölner Polizeipräsidenten Wolfgang Albers in den einstweiligen Ruhestand versetzt.
Noch am heutigen Nachmittag gegen 14.30 Uhr erklärte Albers in einem schriftlichen Statement:
„Meine Mitarbeiter und ich haben seit der von mir initiierten Pressekonferenz am 3. Januar mehrfach öffentlich betont, dass Polizistinnen und Polizisten während des Silvestereinsatzes im Bereich des Bahnhofsvorplatzes eine Vielzahl von Personen kontrolliert haben. Bei diesen Personen haben die Beamtinnen und Beamten Identitätsfeststellungen durchgeführt. Ich habe immer wieder verdeutlicht, dass sich viele der von diesen Maßnahmen Betroffenen mit vom „Bundesamt für Migration und Flüchtlinge“ ausgestellten Dokumenten auswiesen.
Ich habe stets erklärt, dass die von den Polizistinnen und Polizisten kontrollierten Männer nicht zwangsläufig auch die Täter der schrecklichen Übergriffe sein müssen. Solange die Polizei Menschen keine durch Fakten gestützten Tatvorwürfe machen kann, gilt hier in Deutschland die Unschuldsvermutung.
Ich habe mich nie und werde mich auch in Zukunft nicht an Spekulationen beteiligen. Mir vorzuwerfen, dass ich die Herkunft von Tatverdächtigen verschleiert hätte ist daher vollkommen abstrus. Wer meinen wiederholten Ausführungen dazu zugehört hätte, dem müsste das deutlich geworden sein.“
Rücktrittsrufe wurden immer lauter
Doch die Rufe nach dem Rücktritt des Polizeipräsidenten wurden immer lauter. Sei es von Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Behörde oder Lokalpolitikern. Der Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) Reiner Wendt übte ebenfalls massive Kritik an der Informationspolitik von Albers. Am Neujahrsmorgen hieß es in einer Pressemitteilung zunächst, dass alles in der Silvesternacht friedlich verlaufen sei. Wenige Tage später musste sich der geschasste Polizeipräsident dafür entschuldigen und erklärte, dass es ein Fehler gewesen sei.
Nach der heutigen Versetzung in den Ruhestand erklärte Wolgang Albers:
„Als Kölner Polizeipräsident habe ich meine Arbeit immer als Dienst für die Polizei Köln und für die Menschen in Köln gesehen. Und dazu gehört es auch, in schwierigen Zeiten Verantwortung zu übernehmen. Vor allem, wenn es der Polizei Köln nicht gelungen ist, die von den Bürgern in sie gesteckten Erwartungen zu erfüllen. Wenn bei Einsätzen Menschen verletzt oder nicht ausreichend geschützt werden konnten. Wie Sie alle wissen, ist dies in der vergangenen Silvesternacht der Fall gewesen. Dieser Sachverhalt muss jetzt detailliert aufgearbeitet werden. Die öffentliche Debatte rund um meine Person ist dazu angetan, diese wichtige Arbeit zu erschweren und zu verzögern. Deshalb verstehe ich die heutige Entscheidung von NRW Innenminister Ralf Jäger. Es geht darum, verlorengegangenes Vertrauen wiederherzustellen.
Ich akzeptiere es, dass in der aktuellen Diskussion die Polizeiführung und damit auch zuallererst meine Person ins Zentrum der Kritik geraten sind. Aber die Polizistinnen und Polizisten, die in der Silvesternacht rund um den Kölner Hauptbahnhof im Dienst waren, haben diese Kritik nicht verdient. Sie haben bewiesen, dass die Kölner Polizei getragen wird vom umfassenden Engagement eines jeden Einzelnen. Den Polizistinnen und Polizisten in Köln möchte ich deswegen meinen tiefempfundenen Respekt für ihre geleistete Arbeit aussprechen.“
Die Versetzung in den Ruhestand wird Gegenstand der Kabinettssitzung am Dienstag, den 12.01.2016 sein. Herr Albers wird seine Amtsgeschäfte bis dahin nicht wieder aufnehmen.
Seine Vertretung übernimmt der Direktionsleiter Zentrale Aufgaben, der
Leitender Regierungsdirektor Herr Dr. Manuel Kamp.
Es war nicht das erste Mal, dass Albers in der Kritik stand. In den vergangenen anderthalb Jahren, sorgte er gleich dreimal für großes Aufsehen
Oktober 2014: Eine Demonstration der „Hogesa“ – Hooligans gegen Salafisten – gerät ausser Kontrolle und gewaltbereite Hooligans und Rechtsextremisten liefern sich Straßenschlachten mit der Polizei. Rund 50 Beamte werden verletzt. Albers erntete massive Kritik
Albers Skandal rund um das Spezialeinsatzkommando
Juni 2015: Die Staatsanwaltschaft Köln leitet gegen 10 Beamte des SEK 3 von Amts wegen ein Ermittlungsverfahren ein. Am 15. September löst Kölns Polizeipräsident Albers mit Rückendeckung des Innenministeriums NRW das SEK 3 mit sofortiger Wirkung auf, obwohl die Verfahren und Untersuchung durch Gatzke noch nicht abgeschlossen sind. Im November dann der Wandel und das SEK 3 wird neu aufgestellt.
Januar 2016: Massive Übergriffe auf Frauen in der Silvesternacht. Auch hier handelte der Polizeipräsident falsch. Ein Sprecher des nordrhein-westfälischen Landesamts für Zentrale Polizeiliche Dienste (LZPD) in Duisburg sagte gegenüber der SZ, die Leitstelle des LZPD habe in der Silvesternacht in ständigem Kontakt mit dem Polizeipräsidium in Köln gestanden. Im Laufe der Nacht habe die Duisburger Leitstelle sogar aktiv bei den Kölner Kollegen nachgefragt, ob Verstärkung benötigt werde. „Die Hundertschaft stand zum Abruf bereit“, so der Sprecher.
Auch Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker distanzierte sich bereits von Albers und erklärte in einem Statement: „Die ihr von der Polizeiführung geschilderten Fakten gäben nicht das vollständige Bild der Einsatznacht wieder. Insofern ist mit meinem heutigen Kenntnisstand das Vertrauensverhältnis zur Kölner Polizeiführung erheblich erschüttert.“
Innenminister Ralf Jäger teilte mit:
„Ich bedanke mich bei Herrn Albers für seine langjährige, engagierte Tätigkeit für die NRW-Polizei. Meine Entscheidung ist jetzt notwendig, um das Vertrauen der Öffentlichkeit und die Handlungsfähigkeit der Kölner Polizei zurückzugewinnen – auch mit Blick auf die anstehenden Großveranstaltungen. Herr Albers hat für meine Entscheidung großes Verständnis aufgebracht. Das verdient Respekt.
Die Kölner Polizei hat die wichtige Aufgabe, die Vorfälle in der Silvesternacht vollständig aufzuarbeiten und die notwendigen Konsequenzen zu ziehen. Die Menschen wollen zurecht wissen, was in dieser Silvesternacht passiert ist, wer die Täter sind und wie solche Vorfälle zukünftig verhindert werden können. Die Kölner Polizei wird ihre Ermittlungsarbeit ungeachtet der heutigen Entscheidung mit voller Intensität fortführen.“
Seit Oktober 2011 war Wolfgang Albers Polizeipräsident in Köln und damit Leiter der mit etwa 5.000 Polizeibeschäftigten größten Polizeibehörde in Nordrhein-Westfalen.