Berlin / Hamburg | Bei den Veranstaltungen und Demonstrationen rund um den 1. Mai wurden trotz guter Einsatztaktik der Polizei zahlreiche Beamtinnen und Beamte in Berlin und Hamburg verletzt. Allein in der Bundeshauptstadt wurden 59 Einsatzkräfte durch Flaschen-, Stein-, und Pyrowürfe verletzt und somit wesentlich mehr als noch im Vorjahr (39). In Hamburg nahm die Polizei bereits vor Beginn der Demonstration mehrere junge Leute fest, die selbstgebastelte Sprengkörper aus sogenannten Polenböller mit Spraydosen, mit sich führten. Für einen sicheren Abtransport mussten die IED-Experten der Entschärfergruppe anrücken, wie die Polizei Hamburg auf Twitter schrieb.
Nicht lustig, sondern mega gefährlich! Unsere #Entschärfer sind auf dem Weg für sicheren Abtransport. #1maihh pic.twitter.com/q5GJACZB3s
— Polizei Hamburg (@PolizeiHamburg) 1. Mai 2016
Um 18.46 Uhr begann der von einer Privatperson angemeldete Aufzug „Klasse gegen Klasse – Heraus zum revolutionären 1.Mai!“ mit etwa 1.900 Teilnehmern in Hamburg. Nach einigen Hundert Metern wurden im Aufzug Rauchkörper gezündet und Einsatzkräfte der Polizei mit Flaschen beworfen. Daraufhin stoppte die Polizei die Demonstration. Nach Kooperationsgesprächen zwischen dem Versammlungsleiter und der Polizei konnte der Aufzug fortgeführt werden. Eine angekündigte Zwischenkundgebung Altonaer Straße/Schulterblatt wurde nicht abgehalten.
In der Fruchtallee wurden Einsatzkräfte von teilweise vermummten Versammlungsteilnehmern mit Pyrotechnik und Steinen beworfen.
Der Aufzug wurde gestoppt und unter Einsatz von Wasserwerfern versuchte die Polizei die Gewaltausbrüche gegenüber den eingestzten Kräften zu unterbinden. Aufgrund der andauernden Gewalttätigkeiten aus dem Aufzug heraus wurde die Demonstration schließlich durch die Polizei aufgelöst. Mehr als 1.650 Polizisten waren in der Hansestadt im Einsatz. Davon kamen zur Unterstützung über 300 Polizisten der Bundespolizei sowie aus Schleswig-Holstein und Bremen. 14 Polizeibeamte wurden leicht verletzt, drei davon mussten im Krankenhaus ambulant behandelt werden. „Es wurde gezielt versucht Menschen zu verletzen“, sagte Dennis Gladiator, innenpolitischer Sprecher der CDU. „Das gilt nicht nur in Hinblick auf die sichergestellten Sprengsätze, sondern auch auf die Steine, die auf die Einsatzkräfte geworfen wurden.“
59 verletzte Beamte bei „Revolutionäre 1.Mai-Demo“ in Berlin
Wie die Berliner Polizei mitteilte, versammelten sich gegen 18 Uhr die ersten Teilnehmer der „Revolutionären 1.Mai- Demo“ am Moritzplatz in Kreuzberg, während sich zeitgleich am Oranienplatz ein von der Polizei erwarteter „Spontanaufzug“ mit zunächst mehreren hundert Teilnehmern bildete. Der Aufzug bewegte sich aus dem Myfest hinaus in Richtung des Moritzplatzes, weshalb sich die Polizei, wie in den letzten Jahren, dazu entschied, nicht einzugreifen. Der Spontanaufzug wuchs auf mehrere tausend Teilnehmer an und schloss sich kurz vor 19 Uhr der „Revolutionären 1.Mai-Demo“ an.
Am Moritzplatz warfen Teilnehmer vereinzelt Flaschen auf die Einsatzkräfte, ohne dass jemand verletzt wurde. „Auch wurde auf der Wegstrecke von ein paar Unverbesserlichen Pyrotechnik gezündet und es wurden Flaschen auf Polizeifahrzeuge geworfen“, so ein Polizeisprecher. Die überwiegende Mehrheit der 13.000 Teilnehmer des Aufzuges stellte politische Botschaften in den Vordergrund und hielt sich an das Versammlungsrecht.
Einem Antrag des Anmelders auf eine Verkürzung der Wegstrecke mit dem neuen Endplatz Lausitzer Platz wurde zugestimmt. Der Aufzug erreichte den Platz gegen 20 Uhr und wurde kurze Zeit später vom Versammlungsleiter für beendet erklärt. Hier griffen Gewalttäter die Polizei an, indem sie Flaschen und Steine auf die Beamten warfen. In dieser Situation wurden etliche Polizeibeamte verletzt.
Die Polizei ging konsequent gegen diese Straftäter vor und nahm Randalierer fest, so dass eine schnelle Lageberuhigung eintrat. Während Politiker wie z. B. Tom Schreiber (SPD) – Mitglied des Abgeordnetenhauses von Berlin – auf seinem Twitterkanal postete: „Es war ein friedlicher 1. Mai 2016. Leider auch wieder mit Gewalt gegen Polizeibeamte!“
Sagte Berlins Polizeipräsident Klaus Kandt gegenüber der Deutschen Presseagentur (dpa):
„So lange Polizisten verletzt werden, vermag ich nicht von einem friedlichen 1. Mai zu sprechen.“
Detlef Herrmann, stellvertretender Landesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei: „Bis auf die perfide Attacke auf unsere Einsatzkräfte am Lausitzer Platz im Anschluss an den verkürzten Aufzug schien die gefahrene Taktik der Polizei weitgehend aufzugehen. Das schnelle Handeln der Einsatzkräfte und geschickte Auseinandertreiben des Mobs in kleine Gruppen hat hier viel zur Deeskalation beigetragen.“ Dennoch aber würden gerade die zwanzig Verletzten mehr als im Vorjahr ein desaströses Ergebnis offenbaren. „Es zeigt, dass man selbst die Demo-Schwerpunkte größtenteils im Griff haben kann und dennoch mit einer Vielzahl an Verletzten aus diesem Wochenende gehen muss. Solange es unter unseren Kolleginnen und Kollegen Verletzte gibt und eine derart große Polizeipräsenz von Nöten ist, werden wir nie von einem friedlichen 1. Mai sprechen können.
Insgesamt nahm die Polizei im Verlauf des 1. Mai insgesamt 42 Tatverdächtige fest unter anderem wegen schweren Landfriedensbruchs, gefährlicher Körperverletzung und Widerstands. Gegen fünf Personen wurden Haftbefehle am Dienstag erlassen, wovon zwei gegen Auflagen ausser Vollzug gesetzt wurden. In Berlin waren 6.091 Polizistinnen und Polizisten im Einsatz, sagte der scheidende Polizeisprecher Stefan Redlich.
Die Berliner Polizei wurde hierbei von Kolleginnen und Kollegen aus verschiedenen anderen Bundesländern und der Bundespolizei unterstützt.
Deutsche Polizeigewerkschaft leistet Einsatzkräftebetreuung
Mit etwas mehr als zwei dutzend ehrenamtlichen Helfern leistete die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG), unter Führung des Bundesvorsitzenden Rainer Wendt und des Landesvorsitzenden Berlins Boris Pfalzgraf, auch in diesem Jahr wieder eine Einsatzkräftebetreuung. „Das ist eine herausragende Arbeit, die Herr Wendt mit seinen Kollegen und Mitarbeitern hier leistet„, sagte ein Hundertschaftsführer aus Bayern in Kreuzberg.
Allein in Berlin waren die DPolG Mitglieder und Helfer mehr als zwölf Stunden im Dauereinsatz und erreichten hunderte Einsatzkräfte in den Bezirken Kreuzberg, Mitte und Schönefeld mit ihren Versorgungspaketen, zum großen Dank der Polizistinnen und Polizisten.
Während Kräfte des DPolG EKB-Teams am Tempelhofer Damm die Bediensteten der Gefangenensammelstelle (GeSa) versorgten, zeigten sich auch Berlins Innensenator Frank Henkel (CDU) und Polizeipräsident Klaus Kandt dankbar für die Arbeit der ehrenamtlichen Helfer und empfingen diese zum kurzen Gespräch vorm Polizeipräsidium.
Gewerkschaftsvorsitzender Rainer Wendt: „Die Berliner Polizei macht zum wiederholten Male einen 1. Mai Einsatz aller erster Güte und sie wird von vielen auswärtigen Kräften unterstützt. Das ist tolle Polizeiarbeit die hier gemacht wird.“
Massive Probleme im Funkverkehr
Am Tag nach dem 1. Mai verwies der stellvertretende Landesvorsitzende der GdP noch auf ein anderes Problem, das ein positives Gesamtfazit verhindert. „Wir hatten am Abend für eine Stunde massive Kommunikationsprobleme, weil sowohl der Digitalfunk als auch die Reservesysteme den Geist aufgegeben haben. Das mag hier noch einmal gut gegangen sein. Auf kurz oder lang wird uns dieses überlebenswichtige Einsatzmittel aber auf die Füße fallen. Wenn bei Großlagen die Einsatzkräfte auf der Straße weder koordiniert noch mit relevanten Informationen versorgt werden, wird das Gefahren mit sich bringen, die Leben kosten können“, kritisierte Herrmann. Die Gewerkschaft der Polizei hat in der Vergangenheit vermehrt auf die großen Probleme im Funkverkehr hingewiesen. Nachdem das Thema medial im Fokus stand, bestätigte die Behördenleitung großen Nachrüstungsbedarf und verwies auf bereits geplante Verbesserungen.
Dank an die Berliner und die auswärtigen Kräfte
Abschließend machte auch Herrmann deutlich, wie dankbar er denjenigen ist, die jedes Jahr den Kopf dafür herhalten, dass die Situation rund um den 1. Mai nicht völlig eskaliert. „Was die Berliner Einsatzkräfte an Knowhow und Engagement mitbringen, ist unglaublich. Mein Dank gilt allen Kolleginnen und Kollegen, aber auch den vielen auswärtigen Kräften, die aus dem ganzen Bundesgebiet in die Hauptstadt gekommen sind und hier einen erstklassigen Job abgeliefert haben“, sagt Herrmann.