Berlin | Am heutigen Mittwochmorgen stellte Berlins Innensenator Frank Henkel (CDU) einen Videospot vor, der für mehr Respekt gegenüber Polizistinnen und Polizisten, Feuerwehrleuten sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Ordnungsämter werben soll. Der Spot befasst sich mit Respektlosigkeit und Gewalt gegen Einsatzkräfte in Uniform und soll die Öffentlichkeit für dieses Thema sensibilisieren. Ziel der Initiative ist es, auf die Bedrohung, der Polizisten und andere Einsatzkräfte in ihrem Dienst ausgesetzt sind, aufmerksam zu machen und gesellschaftliches Bewusstsein für diese Problematik zu schaffen.
Der Clip ist Teil der Kampagne „Respekt? Ja, Bitte!“ der Landeskommission Berlin gegen Gewalt. In dem Spot kommen auch betroffene Mitarbeiter von Polizei, Feuerwehr und Ordnungsämtern zu Wort.
Die Zahl der Übergriffe gegen Einsatzkräfte nimmt seit Jahren rasant zu wie die PKS 2014 des Bundesinnenministeriums zeigt. Die Erfassung beschränkt sich auf Straftaten gegenüber Polizeivollzugsbeamtinnen /-beamte in Ausübung ihres Dienstes.
Insgesamt wurden in der PKS 2014 62.770 Straftaten erfasst. Davon 125 Fälle wegen versuchten Mordes oder Totschlag. 17.472 registrierte Fälle gefährlicher, schwerer und vorsätzliche einfache Körperverletzung. Hinzu kommen vor allem auch die täglichen Anfeindungen und Beleidigungen der Einsatzkräfte gegenüber. So ist es oftmals an der Tagesordnung das Sanitäter an Unfallstellen von wartenden Autofahrern beschimpft werden.
Gewalt gegen Polizisten oft erschreckender Alltag
Besonders in Berlin kommt es immer wieder vor, dass Polizeibeamte bei vermeintlichen harmlosen Einsätzen von umstehenden Passanten beschimpft und bedrängt werden. Nur mit massiver Polizeipräsenz kann die Lage oftmals beruhigt werden.
Die Angriffe reichen dabei von Pöbeleien bis zu tätlichen Angriffen,von Attacken mit Fäusten und Messern bis hin zu immer wiederkehrenden Beleidigungen und Provokationen. Und das sind keine Einzelfälle. Das ist nur zu oft erschreckender Alltag für Polizisten. Besonders hoch ist die Gewaltbelastung in einigen Organisationseinheiten der Polizei. Dazu gehören der Wachdienst und die Bereitschaftspolizei.
Über diese Entwicklung wurde immer wieder auf der Innenministerkonferenz (IMK) debattiert, jedoch nach Meinungen vieler Einsatzkräfte und vorallem Gewerkschaften zu wenig gehandelt.
Polizei in Hintehalt gelockt
Erst am vergangenen Wochenende (14.11.2015) machte ein Vorfall in Berlin Schlagzeilen, als ein unbekannter Anrufer die Polizei zu einer angeblichen Schlägerei nach Friedrichshain rief. Als die Beamten einer Einsatzhundertschaft mit ihrem Gruppenwagen gegen 4.20 Uhr am vermeintlichen Tatort in der Rigaer Straße eintrafen, wurde ihr Fahrzeug von Unbekannten mit Kleinpflastersteinen beworfen. Insbesondere das Wagendach wurde dadurch beschädigt. Die Polizisten blieben unverletzt.
Bodo Pfalzgraf, Landesvorsitzender der DPolG Berlin: „Diese hinterhältigen Angriffe müssen mit allen Mitteln bekämpft werden. Ich wehre mich ausdrücklich gegen einen gewissen Gewöhnungseffekt in der öffentlichen Wahrnehmung, nach dem Motto, das ist halt da so üblich.“
Solche Straftaten schaden der gesamten Gesellschaft, besonders den Anwohnern und den Hilfebedürftigen, die deswegen im Notfall länger auf die Polizei warten müssen.
„Wir werden uns jedenfalls nicht damit abfinden, dass der Kiezterror und Angriffe auf Polizisten zur Normalität werden!“ so Pfalzgraf abschließend.
Schärfere Gesetze und Bodycams gefordert
Nicht nur Gewerkschaften sondern auch vereinzelte Politiker fordern die Einführung einer Mindeststrafe von sechs Monaten für den Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte (§ 113 Absatz 1 Strafgesetzbuch). 2011 wurde die Gesetzgebung geändert. So wurde der bestehende Strafrahmen bei einfachen Widerstandshandlungen von zwei auf drei Jahre erhöht. Schärfer wird demnach nicht nur bestraft, wer eine Waffe dabei hat, sondern auch, wer gefährliche Werkzeuge mit sich führt. Daneben wurden Feuerwehrleute und Rettungskräfte in den strafrechtlichen Schutz einbezogen. Gerwerkschaften fordern darüber hinaus die Einführung eines neuen Paragraphen (§ 115):
§ 115 StGB (neu)
– Tätlicher Angriff auf einen Vollstreckungsbeamten
- Wer einen Amtsträger oder Soldaten der Bundeswehr, der zur Vollstreckung von Gesetzen, Rechtsverordnungen, Urteilen, Gerichtsbeschlüssen oder Verfügungen berufen ist, während der Ausübung seines Dienstes oder in Beziehung auf seinen Dienst tätlich angreift, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.
- In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn
- der Täter eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt, um diese bei der Tat zu verwenden, oder
- die Tat mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich begeht oder
- der Täter durch eine Gewalttätigkeit den Angegriffenen in die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung bringt.
Auch die Einführung von Bodycams – wie sie bereits in einem Pilotprojekt in Hessen getestet werden – wird von den Polizeigewerkschaften gefordert. Wie erste Auswertungen zeigten, ging die Gewalt gegen Polizeibeamte dadurch bereits nachweislich zurück.
Besser Ausrüstung und Ausbildung für Einsatzkräfte
Viele Einsatzkräfte fordern zu dem eine bessere Schutzausrüstung wie die Beschaffung neuer Unterziehschutzwesten. Auch die Spezialeinsatzkommandos (SEK) einiger Bundesländer fordern eine bessere und moderne Ausrüstung in den Bereichen Optronik, ballistischer Schutz und Scharfschützengewehren. Doch die Innenresort-Chefs kündigten auf der letzten Innenministerkonferenz (IMK) Verbesserung an.
Innensenator Frank Henkel kündigt Optimierung an
Berlins Innensenator Frank Henkel (CDU) versprach bereits im Juli eine Optimierung und Anpassung der Ausrüstung für die Spezialeinheiten der Polizei Berlin:
„Die Terroranschläge von Paris haben gezeigt, dass wir es mit einer neuen Bedrohungslage zu tun haben. Nämlich mit hochgerüsteten Gegnern, die Zugriff auf Kriegswaffen haben. Die Sicherheitsbehörden müssen sich darauf einstellen, dass Anschläge von Personen verübt werden könnten, die Erfahrung auf Schlachtfeldern von Syrien und Irak gesammelt haben. Diese Personen könnten dann ein hohes Maß an Brutalität und taktischer Ausbildung mitbringen, das auch für die Sicherheitskräfte eine enorme Bedrohung ist.
Mein Eindruck ist, dass die Ausrüstung der Polizei in dieser Hinsicht ausbaufähig ist. Deshalb ist es gut, dass wir diese Frage auf der IMK mit großer Priorität behandeln. Neben der Möglichkeit, solche Bedrohung auszuschalten, muss aus meiner Sicht vor allem der Schutz der Einsatzkräfte im Mittelpunkt stehen. Das gilt auch für die Polizeien der Länder“, so Henkel.
Wie ein Sprecher der Innenverwaltung gegenüber SEK-Einsatz.de ebenfalls im Juli auf Nachfrage bestätigte, sind u. a. „Anpassungsbedarfe bei Schutzausrüstung und Ausstattung der Spezialeinheiten“ geplant.
Das Land Rheinland-Pfalz unter Innenminister Roger Lewentz hatte nach den Anschlägen auf Charlie Hebdo in Paris kurzfristig für 1,6 Millionen Euro die Ausstattung der Spezialkräfte optimiert.
Wie ein Sprecher der Polizei Berlin im Juli auf Anfrage mitteilte, wurden auch bei der Hauptstadtpolizei bereits Verbesserungen erreicht: „Durch zusätzliche Mittel im Landeshaushalt wurde dem Investitionsstau der letzten Jahre bereits begegnet. Mehr als 250 zusätzliche Personalstellen wurden seit 2012 geschaffen und so konnten u.a. zwei neue Hundertschaften aufgebaut werden. Auch bei den derzeitigen Haushaltsberatungen hat die Innenverwaltung mehrere hundert Stellen für die Polizei angemeldet. Bei der Ausstattung wurden ebenfalls Verbesserungen vorgenommen, z.B. erhielten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Zentralen Objektschutzes eine Kälteschutzausstattung.“
In Zeiten einer ‚abstrakt hohen Gefährdungslage‘ durch Terroristen, ist nicht nur der Respekt entscheident, sondern vorallem auch die Ausrüstung.